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Bahn frei für Busse

Fernbus-Netz

Bahn frei für Busse
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Fernbusse sind günstiger und ökologischer als die Bahn.
Ab diesem Jahr dürfen Busunternehmen auf den Fernverkehrsstrecken der Bahn Konkurrenz machen. Das Überraschende: In Sachen Ökologie sind die Straßenkreuzer sogar besser als die Bahn… Von Horst Hamm

Fernbus-Linien gibt es daher in Deutschland bislang nur ganz wenige. Einzig für Verbindungen nach Berlin existiert schon lange eine Ausnahmeregelung, weil die Stadt in den Jahren der deutschen Teilung über die Straße besser mit Westdeutschland vernetzt werden konnte. Weitere Konzessionen waren nach dem alten Personenbeförderungs-gesetz und einem Verwaltungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2010 nur zu bekommen, wenn die neue Verbindung billiger und schneller sein würde als die der Bahn, oder wenn sie ohne Umstieg auskäme. Im Fall der München-Freiburg-Linie war das eindeutig: „Weil die Bahn die direkte Verbindung eingestellt hatte, konnten wir die Lücke nutzen“, sagt Panya Putsathit, Geschäftsführer von MeinFernbus. „Die Reisezeit von viereinhalb Stunden, mit der wir vergangenen April gestartet sind, hat letztlich den Ausschlag gegeben.“

Inzwischen braucht der Bus zwar eine Viertelstunde länger, weil er neuerdings neben Friedrichshafen einen weiteren Zwischenstop in Titisee einlegt. Mit der Bahn kann er aber dennoch mithalten. Die lässt nämlich ihre Kunden einen großen Umweg inklusive Umsteigen über Mannheim oder Karlsruhe fahren und braucht bei den meisten Verbindungen viereinhalb bis fünfeinhalb Stunden. Und das zu einem Preis von 88 Euro fürs Standardticket. Wer den Fernbus nimmt, kommt für 24 Euro ans Ziel. Selbst für Bahncard-Inhaber oder bei ihren Sonderangeboten ist die Bahn deutlich teurer.

 

Weitere Anbieter für Fernbusverbindungen drängen auf den Markt

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Mit der Liberalisierung des Marktes planen nun mehrere Unternehmen, überall in Deutschland Fernbuslinien einzurichten: Die Bahn-Tochter Berlin-Linien-Bus, die ebenfalls neu gegründete DeinBus.de, aber auch internationale Verkehrskonzerne wie die französische Veolia oder National Express aus England; die Deutsche Post und der ADAC wollen 2014 einsteigen. Bedingung des Gesetzgebers: Die Haltestellen müssen mindestens 50 Kilometer voneinander entfernt liegen.

Daran muss sich auch der Berliner Anbieter Mein Fernbus halten. Er hat neben der Pionierstrecke München-Freiburg inzwischen sieben weitere Linien eröffnet (siehe Karte), mit denen insgesamt 26 Orte in Deutschland, Frankreich und der Schweiz angefahren werden. Die nächsten sollen dieses Jahr folgen. Welche, will die Geschäftsleitung noch nicht preisgeben.

Um dies zu leisten, arbeiten die Berliner mit derzeit elf mittelständischen Busunternehmen zusammen und teilen sich die Arbeit: Marketing, Vertrieb, Kundenservice und Preisgestaltung übernimmt das Unternehmen als zentrale Dienstleistung; die verschiedenen Partner stellen Busse und Fahrer.

Aber ist das überhaupt sinnvoll?, fragt man sich. Ist nicht die Bahn die bessere Alternative, vor allem wenn es um Energieverbrauch und Umweltnutzen geht? Untersuchungen im Auftrag des Umweltbundesamts liefern eine überraschende Antwort: Fern- und Reisebusse verursachen ein Drittel weniger Treibhausgase im Vergleich zur Bahn, vor allem deshalb, weil sie im Durchschnitt besser ausgelastet sind. Aber selbst bei gleicher Auslastung hat der Bus noch immer die Nase vorn: Sind Bus und Bahn beispielsweise zu 60 Prozent besetzt, verursacht ein Reisender im Bus 30 Gramm CO2 pro Kilometer, in der Bahn sind es 36 Gramm. Zum Vergleich: Ein Autofahrer kommt im Durchschnitt auf 142 Gramm.

„Unsere Busse sind zwischen München und Freiburg bislang zu etwa 75 Prozent ausgelastet“, sagt MeinFernbus-Chef Panya Putsathit. Damit verringert sich der CO2-Ausstoß jedes Reisenden sogar auf 24 Gramm pro Kilometer. „Wenn durch solche Angebote Reisende vom Pkw auf den Bus umsteigen, ist das in jedem Fall zu begrüßen“, bestätigt Moritz Mottschall vom Öko-Institut (siehe Interview). Reisende, die komplett klimaneutral ans Ziel kommen wollen, können für wenig Geld ihre verbleibende Klimalast zusätzlich kompensieren. Acht Cent kostet das für eine Strecke von 100 Kilometern. Auf die Linie Freiburg-München bezogen heißt das: Für einen Aufpreis von 60 Cent kommt man klimaneutral hin und zurück.

 

Als Leitmotiv gilt: „Fahr grün!“

Aber bei MeinFernbus ist das in Sachen Umweltschutz längst nicht alles. Diese Buslinie hat sich das Leitmotiv „Fahr grün!“ gegeben. Darunter versteht sie nicht nur den Vorteil in Sachen Kraftstoffverbrauch, Lärm und Verkehrsdichte, wenn Reisende vom Auto auf den Bus umsteigen. Außerdem setzt das Unternehmen nur Busse ein, die nicht älter als zwei Jahre sind. Moderne Busse sind deutlich spritsparender unterwegs als alte Modelle. Darüber hinaus fahren die Dieselmotoren mit dem sogenannten „Adblue Additiv“, einem Zusatz im Kraftstoff, der die Stickoxide im Abgas verringert. Und die Fahrer selbst werden durch Fahrerwettbewerbe zu einer spritsparenden Fahrweise animiert.

Zudem sind die Busse mit Folien beklebt, die ohne schädliche Lackfarben auskommen; Werbefaltblätter werden weitgehend mit ökologischen Farben auf Recyclingpapier gedruckt. Den damit verbundenen CO2- Ausstoß kompensiert die Firma über die Organisation myclimate mit entsprechenden Klimaschutzprojekten. Geplant ist, die Fahrgäste in den Bussen schon bald ausschließlich mit Bio-Snacks, Bio-Limo und Fair-Trade-Kaffee zu versorgen. „Wir sind zunächst mit einem rein konventionellen Angebot gestartet“, räumt Panya Putsathit ein, „aber das passt überhaupt nicht zu unserer Firmenphilosophie.“ Deshalb werden derzeit Gespräche mit Bio-Lieferanten geführt.

Nicht zuletzt kann der Bus auf jeder Fahrt bis zu fünf Fahrräder mitnehmen – für jeweils neun Euro. Dafür hat man einen Fahrradträger entwickeln lassen. Die Bahn hat solche Möglichkeiten außer in wenigen IC-Zügen abgeschafft. Auch die Verwaltung ist entsprechend aufgestellt: Greenpeace Energy liefert den Strom für das Büro von MeinFernbus – 100 Prozent frei von Kohle- und Atomenergie. Flugreisen für die Mitarbeiter sind per Dienstreiseregelung ausgeschlossen.

Mit diesem Gesamtpaket hat das Unternehmen bereits ein halbes Jahr nach seinem Start den ersten Preis im internationalen Nachhaltigkeitswettbewerb der Zeitschrift busplaner gewonnen – in der Kategorie „Carrier“, zu Deutsch „Beförderungsunternehmen“. So vergleichsweise gut das in Sachen Umwelt ist – Fernbusse sind in vielerlei Hinsicht auch einfach praktisch. Nicht nur, weil man ohne umzusteigen von einer Stadt zur anderen gelangt, sondern zum Beispiel auch, weil für die Reisenden kostenloser Internetzugang per WLAN zur Verfügung steht. Konkurrenz belebt das Geschäft. Man darf gespannt sein, wie die Bahn reagiert.

Zum Text
Der Artikel ist in unserer Februar-Ausgabe 2013 erschienen.

Bild: Fotolia

© natur.de – Horst Hamm
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