In der Fischerei sind Schleppnetze heute so ausgelegt, dass ihre Maschen den kleinen Jungfischen das Entkommen ermöglichen – sie schlüpfen einfach hindurch. Alles, was größer ist, bleibt jedoch im Netz gefangen. Doch inzwischen weiß man, dass gerade die großen, alten Fische von besonderem Wert für die Reproduktion der Bestände sind. So legt ein zehn Jahre altes Dorsch-Weibchen bis zu 40-mal so viele Eier wie ein junges, gerade geschlechtsreif gewordenes.
Gitter und Fenster ermöglichen den Großen die Flucht
Idealerweise sollte daher beim Fischen immer einige große Dorsche den Netzen entkommen können – und so das Überleben der Bestände sichern. Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock haben sich des Problems angenommen. Um künftig auch großen Dorschen ein Entkommen zu ermöglichen, haben sie Schleppnetze entsprechend modifiziert.
Die Forscher ergänzten vor dem Steert, dem hinteren Teil des Netzes, ein Gitter aus schräg nach oben führenden, parallel angeordneten Stäben. Diese liegen gerade so weit auseinander, dass die größten Dorsche nicht hindurchpassen. Sie sind daher gezwungen, das Netz durch ein oben liegendes Fenster wieder zu verlassen.
Praxistest bestanden
Soweit die Theorie, doch wie sieht es in der Praxis aus? Dies untersuchten die Wissenschaftler durch Probefänge mit dem neuen Netztyp in der Ostsee. Sie wollten dabei vor allem herausfinden, wie viele Fische durch das Netzfenster entweichen – und ob die Größenverteilung des Fangs am Ende dem entspricht, wie es für die Bestände als ideal gilt. Und tatsächlich: Das neue Schleppnetz funktionierte. Durch gezieltes Anpassen der Gitterbreite und der Maschengrößen im Steert lässt sich der Dorschfang selektiv nach gewünschten Größenklassen ausrichten.
„Bis zu einer Umsetzung in die Fischereipraxis ist es aber noch ein weiter Weg – insbesondere ein politischer“, sagt Daniel Stepputtis, Leiter der Arbeitsgruppe Fischerei- und Surveytechnik im Thünen-Institut. Doch die bislang erzielten Ergebnisse seien vielversprechend. „Wichtig war es uns aber auch zu zeigen, dass die Möglichkeiten, Netze für eine nachhaltige Nutzung der Fischbestände zu entwerfen, noch lange nicht ausgereizt sind.“
Quelle: Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei