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Fischerei lässt Fische schrumpfen

Unbeabsichtigte Selektion

Fischerei lässt Fische schrumpfen
Fische im Netz
Fische im Netz (Foto: Hgalina / Fotolia)
Je größer, desto besser: Angler und Fischer bevorzugen große Fische. Doch das hat langfristig Folgen für die Fischbestände in Meer und Süßwasser. Schon in wenige Generationen schrumpft die Größe der Fische. Für die Tiere kann das zum Problem werden.

Große Fische erzielen am Markt höhere Preise und sind Garant für zufriedene Angler. Bei der Fischerei gelten meist Regeln, nach denen nur Fische einer bestimmten Mindestgröße gefangen werden dürfen. Viele Netze sind schon so angepasst, dass sie größenselektiv wirken. Die Folge: Große Fische landen bevorzugt im Kescher oder auf Deck, während die kleinen, noch unreifen geschont werden.

Fischfang als Selektion

Dass das auf Dauer nicht ohne Konsequenzen bleibt, ist einleuchtend: Weil im Meer oder sonstige Gewässer mehr kleine Fische übrig bleiben, sind sie es auch, die mehr Nachwuchs zeugen – und dieser ist höchstwahrscheinlich ähnlich klein wie seine Eltern. Der Eingriff des Menschen bewirkt so eine klassische biologische Selektion, bei der die Exemplare bevorzugt überleben, die wegen ihrer geringen Größe und eines vielleicht auch scheueren Verhaltens den Fischern entgehen.

Bisher allerdings ist der Nachweis dieser von der Fischei ausgelösten Evolution bei den Beständen im Meer nur schwer möglich, denn auch unzählige andere Faktoren können in einer Saison zu kleineren Fischen führen. Forscher um Robert Arlinghaus vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei haben daher an Zebrafischen im Labor untersucht, wie schnell eine selektive Fischerei dauerhafte, genetisch verankerte Veränderungen in einem Bestand hervorrufen kann.

Effekt schon nach fünf Generationen

Das Ergebnis war überraschend klar: Schon nach fünf Generationen waren selbst die größten Fische im Tank sieben Prozent kleiner als zu Beginn des Experiments und deutlich scheuer. „Dass diese Effekte bereits nach fünf Generationen eintraten, zeigt wie schnell sich scharfe Befischung in den Genen niederschlagen kann“, erläutert Silva Uusi-Heikkilä von der Universität Turku in Finnland. Und nicht nur das: Die Zebrafische legten nach längerer Zeit der größenselektiven Befischung auch weniger und schlechtere Eier.

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Das belegt, dass die Befischung tatsächlich nachhaltige genetische Veränderungen in Fischbeständen verursachen kann. „Die Art und Weise der Befischung von Süß- und Salzwasserfischen ist vergleichbar einer Zucht durch Auslese – allerdings mit unbeabsichtigten Züchtungsergebnissen“, erklärt Arlinghaus. Weil die Generationszeiten bei kommerziell gefangenen Fischarten länger sind als bei den Zebrafischen, zeigen sich diese Selektionseffekte im Freiland erst nach rund 100 Jahren, so der Biologe.

Negative Folgen, wenn der Fangdruck nachlässt

Was aber bedeutet dies für die Fische? Sind ihre Bestände dadurch noch stärker gefährdet? Nicht unbedingt, wie die Forscher erklären. Solange die Befischung anhält, sind die kleinen, scheuen Fische an diese Umstände gut angepasst. Das kann ausreichen, um andere Nachteile auszugleichen. „Fischereiliche Evolution, die sich über Körpermerkmale hinaus auch in den Genen niederschlägt, ist also entgegen anderslautenden Behauptungen nicht unbedingt kontraproduktiv für die Populationen“, betont Arlingshaus.

Das allerdings kann sich schnell wandeln, wenn der Fangdruck nachlässt, wie eine Simulation ergab: Nach einem simulierten Fangmoratorium erholte sich der Fischbestand deutlich langsamer als die nicht durch Befischung selektierten Vergleichspopulationen. „Die an die Fischerei angepassten Tiere haben Probleme, mit natürlichen Umweltbedingungen umzugehen, in der der menschliche Einfluss durch den Fangstopp eliminiert wird“, erklärt Uusi-Heikkilä. Hinzu kommt, dass die einmal ausgelösten genetischen Veränderungen nur sehr langsam wieder rückgängig zu machen sind.

Was also tun? Die Forscher schlagen vor, zunächst herauszufinden, welche Fischbestände besonders durch diese Selektion betroffen sind. Dann könnte man die Befischung dieser Arten so anpassen, dass nicht nur die kleinen überleben. „Eine Möglichkeit ist, den Fischereidruck insgesamt zu reduzieren und weniger selektiv wirken zu lassen“, sagt Arlinghaus. „Man könnte sowohl die kleinen wie auch die sehr großen Tiere von der Fischerei ausnehmen, zum Beispiel durch Entnahmefenster.“

Quelle: Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

© natur.de – Nadja Podbregar
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