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Hat der Mensch sein eigenes Erdzeitalter geschaffen?

Anthropozän bestätigt

Hat der Mensch sein eigenes Erdzeitalter geschaffen?
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Der Mensch verändert die Erde epochal (Bild: Sergey Nivens/fotolia.vom)
Offiziell leben wir im Erdzeitalter des Holozän. Doch möglicherweise hat bereits eine neue geologische Ära begonnen: das Erdzeitalter des Menschen. Ein internationales Expertenteam hat nun untersucht, ob diese Abgrenzung wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Ihr Fazit: Wir leben im Anthropozän!

Der Begriff Anthropozän geht auf den Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen zurück: Im Jahr 2000 argumentierte der Atmosphärenforscher, die Einwirkung menschlicher Aktivitäten habe eine Dimension erreicht, welche die Definition eines neuen Erdzeitalters rechtfertigt. Seither avancierte der Begriff zunehmend zu einem Dauerbrenner.

Um zu klären, ob die Abgrenzung gerechtfertigt ist, haben insgesamt 24 Forscher einen kritischen Blick auf die Erfüllung geologischer Kriterien geworfen. So untersuchten sie, in welchem Ausmaß die menschlichen Aktivitäten bereits geologische Schichten der Erde prägen und wie deutlich sich das fragliche Anthropozän vom Holozän unterscheidet, das in den letzten 11.700 Jahre die Entwicklung der menschlichen Zivilisation ermöglichte.

Das Erdzeitalter des Müllls und Drecks

Sie kommen zu dem Fazit: Der Mensch hat das Erdsystem in einem so intensiven Ausmaß verändert, dass inzwischen eine Reihe von Merkmalen in Sedimenten und im Eis zu beobachten sind. Sie unterscheiden sich den Forschern zufolge so stark von denen der Holozän-Epoche, dass eine Etablierung des Begriffs Anthropozän in der erdgeschichtlichen Zeitskala zu rechtfertigen ist.

Bisher waren die Erdzeitalter durch typische Formen von Ablagerungen wie beispielsweise von Kreide oder Sandstein charakterisiert. Das Anthropozän werden hingegen Müll, Dreck und Abgase kennzeichnen. „Wir produzieren jährlich fast so viel Plastik, wie es der Biomasse aller auf der Erde lebenden Menschen entspricht. Plastik findet sich bereits in allen Ablagerungsräumen der Erde, vom Gebirgstümpel bis zur Tiefsee und wird so als Technofossil zu einem der wichtigsten Leitfossilien des Anthropozäns werden“, sagt Reinhold Leinfelder, einer der beteiligten Forscher von der Freien Universität Berlin. „Die Signatur des Menschen wird damit in allen Sedimentschichten nachweisbar“, ergänzt er. Deshalb ist ihm zufolge eine formale Etablierung des Anthropozäns als Zeiteinheit der Erdgeschichte geradezu erforderlich.

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Es begann vor etwa 100 Jahren

Den Beginn des Anthropzäns sehen die Wissenschaftler in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Entwicklung der menschlichen Gesellschaften fiel hingegen noch ins Zeitalter des Holozäns. In dieser Ära brachten die Menschen zunehmend Fertigkeiten zur Gewinnung von Wasser-, Mineral- und Energieressourcen des Planeten hervor. Die von den Forschern nun vorgeschlagene Anthropozän-Epoche charakterisieren dagegen besonders rasche Umweltveränderungen.

„Menschen beeinflussen die Umwelt schon lange, aber erst seit Kurzem gibt es diese schnelle, globale Verbreitung von neuen Materialien, darunter Aluminium, Beton und Kunststoffe, welche ihre Spuren in Sedimenten hinterlassen“, sagt Co-Autor Colin Waters vom Britischen Geologischen Dienst. „Die Nutzung fossiler Brennstoffe hat Flugascheteilchen weltweit verbreitet, was mit der zeitlichen Verteilung des Maximums der durch atmosphärische Atomwaffentests erzeugten Radionuklide zusammenfällt.“

Die erhöhten Treibhausgas-Emissionen, das Artensterben sowie die in der Erdgeschichte beispiellose globale Verschleppung von Tier- und Pflanzenarten runden das Bild des Zeitalters des Menschen ab. „Das Anthropozän wäre also eine neue geologische Epoche, die als Konsequenz aller Aktivitäten einer technologisierten menschlichen Gesellschaft zu sehen ist und damit in ihrer Bedeutung weit über das Fach Geologie hinausgeht“, resümiert Leinfelder.

Die Anthropozän-Arbeitsgruppe will nun auch in diesem Jahr weitere Erkenntnisse über das neue Erdzeitalter zusammentragen. Letztlich soll dies zu der formellen Einstufung als geologische Zeiteinheit führen und dem Anthropozän auch ein klareres Profil verpassen. Klar scheint bereits: Es ist ein schmutziges.

Quellen: Freie Universität Berlin, Science doi: 10.1126/science.aad2622

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