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Schmerzmittel in Fluss und Bach

Studie ermittelt erstmals Belastung der Fließgewässer in Niedersachsen

Schmerzmittel in Fluss und Bach
Arzneirückstände
Fast ein Drittel aller Fließgewässer in Niedersachsen ist mit Arzneimitteln belastet (Foto: NLWKN/ Dieter Steffen)
Ein Drittel aller Fließgewässer in Niedersachsen sind durch Arzneimittel belastet. Das ist das Ergebnis der ersten umfassenden Studie zu Medikamenten-Rückständen in Flüssen und Bächen dieser Region. Besonders hohe Belastungen registrierten die Forscher dabei in der Umgebung von Osnabrück, Hannover und Braunschweig.

Ob Antibiotika, Verhütungsmittel oder Psychopharmaka: Mit unserem Abwasser gelangen immer mehr Medikamenten-Rückstände in Flüsse und Seen. Die Ursache dafür sind zum einen Abbauprodukte dieser Wirkstoffe in unserem Urin, aber auch eine unsachgemäße Entsorgung von Arzneimittelresten: Sie werden einfach ins Klo gekippt. Das Problem dabei: Die Kläranlagen können diese Wirkstoffe nicht vollständig entfernen.

Erhebung an Flüssen und Bächen

Als Folge gelangen diese chemischen Wirkstoffe in die Gewässer und können dort schon in geringen Konzentrationen den Stoffwechsel von Wasserorganismen stören. Studien zeigen beispielsweise, dass synthetische Östrogene aus der Antibabypille das Geschlechterverhältnis von Fröschen verändern und bei männlichen Fischen eine Verweiblichung auslösen können. Andere Mittel beeinflussen außerdem das Verhalten von Fisch und Co.

Wie stark die Flüsse und Bäche in Niedersachsen mittlerweile durch solche Arzneimittel-Rückstände belastet sind, haben nun Forscher im Auftrag des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) untersucht. Für ihre Studie werteten die Wissenschaftler Messdaten aus Einleitungsstellen von Kläranlagen und aus weiteren Wasserproben aus, außerdem bezogen sie Daten zum Wetter, der Wassermenge in den Flüssen und Bächen und der Nutzung der umgebenden Flächen mit ein.

Ein Drittel der Gewässer sind belastet

Das Ergebnis: Immerhin für rund 70 Prozent der Flüsse und Bäche Niedersachsens gibt es Entwarnung. In ihnen konnten die Forscher keine Belastung durch Arzneimittel-Rückstände aus Kläranlagen nachweisen. Anders sieht dies dagegen bei dem restlichen Drittel der Fließgewässer aus. Hier ermittelten die Wissenschaftler bei sieben Prozent der Flüsse sogar hohe Belastungen, weitere sieben Prozent waren mittelstark belastet und 16 Prozent eher gering.

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Hoch belastete Flussabschnitte finden sich dabei rund um die Ballungsräume Osnabrück, Hannover und Braunschweig. Der Grund dafür: Hier wird viel Wasser aus Kläranlagen in die Gewässer eingeleitet, gleichzeitig aber führen diese Flüsse und Bäche zum Teil zu wenig Wasser, um die Abwässer ausreichend zu verdünnen. Dementsprechend sind weite Abschnitte der Flüsse Hase, Wietze, Fuhse und Oker stark belastet, wie die Forscher berichten. Kleinere Zonen erhöhter Belastung finden sich aber auch bei Göttingen, bei Emden und an der oberen Soeste.

Diclofenac-Rückstände besonders häufig

Um die Art der Belastung näher einzugrenzen, werteten die Forscher exemplarisch die Werte für drei Wirkstoffe aus: Diclofenac als Beispiel für ein gängiges Schmerzmittel, Sulfamethoxazol als Vertreter der Antibiotika und Carbamazepin als Beispiel für Psychopharmaka. Dabei zeigte sich: Rückstände von Diclofenac sind in den Gewässern besonders häufig, gefolgt vom Antibiotikum und als seltensten dem Psychopharmakon. Dies passt gut dazu, dass Diclofenac ein sehr häufig verordnetes und frei verkauftes Schmerzmittel in Deutschland ist, wie die Forscher erklären.

Ihren Angaben nach überschreitet die mittlere Konzentration von Diclofenac an zahlreichen Messstellen in Vechte, Ems, Soeste, Hase, Weser, Leine, Fuhse, Oker, Aller und Ilmenau mindestens die halbe Umweltqualitätsnorm (UQN). Auch das Antibiotikum Sulfamethoxazol überschreitet diesen Grenzwert an einigen Stellen dieser Flüsse, wenn auch seltener.

„Die vorgelegte räumlich detaillierte Ausweisung der Abwasserbelastungen niedersächsischer Oberflächengewässer gibt erstmals einen Überblick über die landesweite Situation“, konstatieren die Forscher. Diese Ergebnisse sollen nun dazu dienen, einzelnen Hotspots der Belastung weiter auf den Grund zu gehen und die Quellen möglicherweise einzudämmen. „Antibiotika, Rheumamittel und andere Arzneimittel gehören nicht in unsere Bäche und Flüsse. Der Eintrag in die Gewässer muss, wo immer möglich, an der Entstehungsstelle vermieden werden“, sagte dazu der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel.

Die Ergebnisse der Gewässer-Studie zum Download finden Sie hier (PDF)

Quelle: Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, Forschungszentrum Jülich

© natur.de – Nadja Podbregar
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