Dies zeigt sowohl die Gefährlichkeit als auch die Absurdität der geplanten Novelle der Honigrichtlinie. Sie könnte letzten Endes dazu führen, dass selbst Honig, der vollständig oder zu großen Teilen aus Gentechnik-Raps stammt, nicht mit einem Hinweis auf die Gentechnik gekennzeichnet werden muss. Verbraucher hätten dann keinerlei Wahlfreiheit mehr in Bezug auf die Gentechnikfreiheit ihrer Nahrung, und Honig als naturreines Lebensmittel wäre Geschichte.
Deshalb war die EU-Kommission schon vor dem EuGH mit ihrer Argumentation gescheitert. „Mit der vorgeschlagenen Auslegung“, begründeten die Richter ihre Ablehnung in der Urteilsbegründung, „würde das Ziel der menschlichen Gesundheit beeinträchtigt, da ein Lebensmittel wie Honig keiner Kontrolle hinsichtlich seiner Unbedenklichkeit unterläge, auch wenn er in hohen Mengen genetisch verändertes Material enthalten würde.“
Nun unternimmt die Kommission einen erneuten Vorstoß und gibt vor, den Imkern eine Erleichterung verschaffen zu wollen, damit sie für ihren Honig keine Zutatenliste angeben müssen. Das müssen sie jedoch nach Auffassung von Rechtsexperten ohnehin nicht. Im Zweifelsfall wäre eine Angabe „enthält Blütenpollen“ völlig ausreichend.
Würde es der Kommission tatsächlich nur darum gehen, eine Zutatenliste für Honig zu vermeiden, wäre es naheliegend und vollkommen ausreichend, nicht die Honig-Richtlinie, sondern das allgemeine Lebensmittelkennzeichnungsrecht zu ändern.
Das Lebensmittelkennzeichnungsrecht enthält bereits eine Liste von Lebensmitteln, für die keine Zutatenliste erforderlich ist. Käseist beispielsweise darin enthalten, Honig dagegen noch nicht.
Mit der geplanten Änderung tut man uns Imkern definitiv keinen Gefallen. Denn wir haben ja im Interesse der Transparenz und Wahlfreiheit für unsere Kunden das Honig-Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof erstritten. Es ist davon auszugehen, dass die EU-Kommission mit ihrem Vorstoß verhindern möchte, dass Imker aus Schäden durch die Verunreinigung ihres Honigs mit verbotener Gentechnik Schutz- oder gar Schadensersatzansprüche ableiten könnten. Genau das könnte schon bald passieren.
Denn der Fall von Imker Karl Heinz Bablok, der mit Unterstützung des von uns initiierten Bündnisses zum Schutz der Bienen vor Agro-Gentechnik vor dem Europäischen Gerichtshof gegen den Gentechnik-Giganten Monsanto erfolgreich war, befindet sich derzeit zur endgültigen Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Wir möchten dort durchsetzen, dass Bienen und Honig vor verbotener Gentechnik geschützt werden. Konkret heißt das, dass wir einen Schutzradius von zehn Kilometern um Bienenstände benötigen, denn so weit fliegen Bienen auf der Suche nach Nektar und Pollen.
Zum Autor
Thomas Radetzki ist Imkermeister und im Vorstand der Vereinigung Mellifera, einem Pionier in der ökologischen und wesensgemäßen Bienenhaltung.
Bilder: privat