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Von Wundererde und Baustlern

Buchtipps

Von Wundererde und Baustlern
Commonisten.jpg
Commonisten
Wie die Indios in Südamerika aus mürbem Boden fruchtbare Erde zauberten, wie Kolumbus den Anfang vom Ende unseres Planeten einleitete und wie Stadtbewohner dem Kommerz ein Schnippchen schlagen, verraten unsere Buchtipps. Viel Spaß beim Stöbern!

Commonisten.jpgSelber machen fürs Gemeinwohl

Von wegen Politikverdrossenheit! Es brodelt auf den Brachflächen, Parkdecks oder Hallen deutscher Städte. Man trifft sich, zimmert aus Europaletten Hochbeete, strickt in geselliger Runde oder tauscht die alte Jeans gegen ein Paar Kinderschuhe ein. Was das mit Politik zu tun hat? Sehr viel! Der öffentliche Raum verwandelt sich in „Labore für soziale, politische, ökologische und ästhetische Experimente“, wie die Soziologinnen Andrea Baier, Christa Müller und Karin Werner schreiben. Ihr wunderbar unkonventioll gestalteter Bildband ist eine Fundgrube für zündende, improvisierte Ideen, eine Projektschau neuer Formen politischen Handelns, die wie Pilze aus dem Asphalt schießen. Es wird eifrig „gebaustelt“ – wie Szeneanhänger sagen – ein Zwischending zwischen basteln und bauen. Es geht um selber und um gemeinsam machen – Commoning heißt das im Szene-Slang. Im Buch-Glossar steht dazu: Es bezeichnet „den kollektiven Versuch, den Marktliberalismus durch demokratische Praxen in Gesellschaft und Ökonomie zu konterkarieren.“ Was soziologisch verschwurbelt klingt, sicher eine Schwäche des Buchs, heißt so viel wie: Die jungen Urbanen gestalten, tauschen oder teilen fürs Gemeinwohl, weil sie keine Lust mehr auf Anonymität, Konsumindustrie und Wegwerfgesellschaft haben.

Tania Greiner

Andrea Baier, Christa Müller, Karin Werner: Stadt der Commonisten. Neue urbane Räume des Do it yourself. Transcript. 232 Seiten, 24,90 Euro

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Kolumbus.jpgDie erste Globalisierung

1492, Kolumbus entdeckt Amerika, und von da an ändert sich: alles. Das ist die Grundthese des Buches, von der Aussage her nicht überraschend, in ihrer Radikalität aber schon. Die Entdeckung Amerikas, meint der Autor, sei der Beginn der ersten und wahren Globalisierung gewesen, viel folgenreicher als unsere heutige; Ja, sie sei sogar die einschneidendste Veränderung für den Planeten gewesen – eben nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Ökosysteme – seit dem Aussterben der
Dinosaurier. Starker Tobak, sollte man meinen, doch Charles C. Mann erschlägt einen derart mit seiner Materialfülle, dass man nicht mehr zu widersprechen wagt. Oder schlicht überzeugt ist; etwa wenn er erläutert, dass die Rücksichtslosigkeit des US-Wirtschaftssystems nicht nur aus der Tatkraft der europäischen Einwanderer entstand, sondern zum Großteil aus der Sklavenwirtschaft hervorging – nicht nur in Amerika selbst, sondern schon in den portugiesischen, spanischen und allen anderen Kolonien, in denen die Sklavensysteme jahrhundertelang vorher funktionierten. Die Stärke des Buches ist zweifellos seine Fülle an Geschichten: Man kann überall einsteigen, sich festschmökern. Und wenn es ermüdend ausführlich wird, steigt man halt wieder aus. Denn das muss man auch sagen: Etwas weniger wäre
gelegentlich mehr gewesen.

Martin Rasper

Charles C. Mann: Kolumbus‘ Erbe. Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen. Rowohlt. 816 Seiten, 34,95 Euro

 

Terra-Preta.jpgFruchtbarer Boden

Archäologen und Ökologen waren überrascht, als sich in den letzten Jahren in Amazonien eine Reihe von Entdeckungen zu einem Bild verfestigte: dem von indianischen Hochkulturen, die es geschafft hatten, im Regenwald dauerhaft fruchtbaren Boden zu erzeugen. Normalerweise zirkulieren in dortigen Ökosystemen die Nährstoffe in einem raschen Kreislauf aus Wachstum und Zersetzung; der Boden selbst kann nur wenig speichern. Die Indios hatten offenbar einen Weg gefunden, das zu ändern und einen fruchtbaren, schwarzen Boden zu produzieren, die Terra Preta do Indio. Schriftliche Aufzeichnungen gibt es nicht; Grabungsergebnisse sprechen dafür, dass die Schwarzerde in im Boden vergrabenen Tongefäßen erzeugt wurde, somit vor Auswaschung geschützt. Das Entscheidende an der Terra Preta ist Holzkohle, die in ihren Poren große Mengen Mikroorganismen beherbergt, die unter Luftabschluss sämtliches organische Material fermentieren, und anders als bei unserem Kompost nicht verrotten lassen. In Kombination mit einer ausgeklügelten Mischkultur ermöglichte die Wundererde offenbar eine zeitweilig dichte Besiedlung in Amazonien. Ob man mit der Methode die Welt retten kann, wie das Buch verspricht, sei dahingestellt; auf jeden Fall ist es ein spannender, informativer und praxisnaher Überblick.

Martin Rasper

Ute Scheub, Haiko Pieplow, Hans-Peter Schmidt: Terra Preta. Die schwarze Revolution aus dem Regenwald. Oekom. 208 Seiten, 19,95 Euro

Titelfoto: Fotolia/Gerhard Seybert

© natur.de – natur Autor
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