Wo das Mikroplastik herkommt
Mikroplastik gelangt auf zwei Wegen in die Umwelt: Zum einen zerfallen größere Plastikgegenstände wie Tüten oder Flaschen durch Sonneneinstrahlung und mechanische Einwirkungen. Das Mikroplastik entsteht also erst mit der Zeit, weswegen es auch als “sekundäres Mikroplastik” bezeichnet wird.
Eine andere Quelle sind Produkte, in denen von vornherein Mikroplastik enthalten ist. Hier spricht man von “primärem Mikroplastik”. Die für den Peeling-Effekt in Zahnpasta, Duschgels etc. verwendeten Kleinst-Plastikpartikel aus Polyethylen PE oder Polypropylen PP werden über das Abwasser in die Meere gespült, da sie in Kläranlagen nur schwer herausgefiltert werden können. “Mikroplastik in Kosmetikprodukten muss jedoch nicht sein”, so Sebastian Pörschke, der bei Fraunhofer UMSICHT zum Thema Biowachspulver und dessen Anwendungsmöglichkeiten forscht. “Hier könnten auch alternative Werkstoffe eingesetzt werden. Sand und Nussschalen zum Beispiel oder Salze”, so Pörschke weiter. “Sand und Nussschalen wirken jedoch sehr abrasiv in den Verarbeitungsanlagen und lassen diese schnell verschleißen; und Salze sind wasserlöslich, weshalb sie nicht für alle Produkte geeignet sind.”
Unter dem Mikroskop: Mikroplastik aus Peeling-Produkten
An einer besonders vielversprechenden Alternative auf Basis von Biowachsen wird zurzeit bei Fraunhofer UMSICHT gearbeitet. Bienenwachs, Karnaubawachs oder Candelillawachs sind nachwachsende Rohstoffe und – im Gegensatz zu Kunststoffen und Biokunststoffen – in Wasser relativ schnell biologisch abbaubar. Wir nehmen solche Wachse übrigens als Bestandteil vieler Lebensmittel, beispielsweise in Form von Überzügen von Süßigkeiten, nahezu täglich auf.
Fraunhofer UMSICHT kann mit der vorhandenen Verfahrenstechnik sowohl kaltgemahlene Biowachspulver als auch Pulver mit einem Hochdruckverfahren (PGSS, Particles from Gas Saturated Solutions) herstellen. Die kaltgemahlenen Partikel entsprechen in Größe und Form dem klassischen Mikroplastik. Es handelt sich um kubisch gebrochene Partikelformen, also kompakte Partikel mit geschlossenen Oberflächen.
Eine Alternative zum Mikroplastik: gemahlenes Karnaubawachs
Die Untersuchung von unterschiedlichen Kosmetikprodukten hat ergeben, dass das enthaltene Mikroplastik häufig eine Partikelgröße von etwa 100 bis 500 Mikrometer aufweist. Für die Herstellung dieser Partikelgröße eignet sich auch das Hochdruckverfahren. Das Wachs wird aufgeschmolzen und mit überkritischem Kohlenstoffdioxid bei hohen Drücken vermischt. Fraunhofer UMSICHT verwendet Kohlenstoffdioxid, das als Abgas bei der Düngemittelherstellung entsteht. Anstatt direkt in die Atmosphäre zu gelangen, wird das Abgas auf diese Weise noch einmal sinnvoll genutzt.
Die Mischung wird anschließend durch eine Düse auf Umgebungsdruck entspannt, wobei das Wachspulver entsteht – bei Fraunhofer UMSICHT bis zu 300 Kilogramm Pulver pro Stunde. Im Gegensatz zum bisher gängigen Mahlverfahren können so speziell konfektionierte Partikel produziert werden. “Je nach Kundenwunsch sind Kugeln, poröse Partikel, Mikroschwämmchen oder unterschiedliche Fasern möglich, um nur einige Beispiele zu nennen”, erklärt Pörschke.
Forschung an Wachsen
Zurzeit wird in Oberhausen an weiteren Biowachsen wie Beerenwachs, Reiswachs oder auch Sonnenblumenwachs geforscht. Man ist sich einig, mit den pulverisierten Biowachsen zur Lösung des Mikroplastik-Problems beitragen zu können.
Die Biowachspartikel, die mit dem Hochdruckverfahren hergestellt werden, sind nicht nur auf ihre abrasive Wirkung beschränkt, sondern könnten mit einer zusätzlichen Funktion ausgestattet werden. Pörschke: “Mikroschwämme etwa könnten neben ihrer Peeling-Eigenschaft zusätzlich auch als Transportpartikel für flüssige Wirkstoffe dienen.” Denkbar sind auch Partikel, in denen eine Flüssigkeit oder ein Feststoff verkapselt sind, die bei Gebrauch gezielt freigesetzt werden.
Iris Kumpmann, Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT
Fotos: Fraunhofer UMSICHT/Matthias Holländer; Fraunhofer UMSICHT