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Warum blühende Wiesen uns nützen

Erste umfassende Studie zum Einfluss der Artenvielfalt auf Ökosystemdienstleistungen

Warum blühende Wiesen uns nützen
Wiesensalbei
Wiesen-Salbei (Salvia pratense) in einem Halbtrockenrasen in Brandenburg. (Foto: WWU/Valentin Klaus)
Je mehr es auf einer Wiese wimmelt, kreucht und fleucht, desto besser ist das auch für uns Menschen. Denn die Artenvielfalt in diesem Lebensraum beeinflusst auch, welche Dienste uns dieses Ökosystem leistet – und das noch stärker als bisher angenommen.

Eine blühende Wiese ist nicht nur schön anzusehen, mit ihr leistet uns die Natur auch
jeden Tag handfeste, kostenlose Dienstleistungen. Sie sorgt beispielsweise dafür, dass neuer, fruchtbarer Boden entsteht, reguliert das lokale Klima, filtert Wasser, liefert Nützlingen einen Lebensraum und dient nicht zuletzt unserer Erholung. Doch während beim Regenwald und anderen Ökosystemen diese Bedeutung bekannt und recht gut untersucht ist, ist das bei der Wiese nicht der Fall.

Einfluss so groß wie ein Unwetter

Das hat ein internationales Forscherteam um Santiago Soliveres von der Universität Bern nun nachgeholt. Für ihre Studie haben sie erstmals alle Gruppen entlang einer Nahrungskette in natürlichen Graslandschaften untersucht. Die Forscher sammelten dazu Daten auf 150 Wiesen zu insgesamt mehr als 4.600 Arten aus neun Gruppen der Nahrungskette. „Wie bei einem Puzzle haben wir uns ein zusammenhängendes Bild davon gemacht, wie bedeutsam einzelne trophische Gruppen für vierzehn von uns gemessene Ökosystemdienstleistungen sind“, erklärt Soliveres.

Das überraschende Ergebnis: Der Einfluss der Artenvielfalt auf die Funktionsfähigkeit dieser Ökosysteme ist mindestens so groß wie der vieler Umweltfaktoren und Managementmaßnahmen. „Was das bedeutet, erkennt man spätestens, wenn man das nächste Mal Schutz vor einem Unwetter sucht oder einen gewaltigen Mähdrescher beobachtet“, erklärt Volkmar Wolters von der Universität Gießen. Obwohl diese Ereignisse Aussehen und Umwelt der gesamten Wiese verändern können, ist der für uns meist unsichtbare Einfluss der Wiesenbewohner größer.

Vielfalt in mindestens drei Gruppen

Diese enorme Wirkung basiert darauf, dass es für den Erhalt jeder einzelnen Ökosystemfunktion eines hohen Artenreichtums in mindestens drei Nahrungsgruppen bedarf. „Je vielfältiger die Arten innerhalb der Gruppe, desto zuverlässiger wird die Ökosystemdienstleistung erbracht. Außerdem beeinflusst jede einzelne Gruppe zumindest eine Ökosystemdienstleistung“, erklärt Soliveres.

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Was aber bedeutet dies konkret? „Der Artenreichtum muss in allen Gruppen der Nahrungskette erhalten bleiben, damit die Natur zuverlässig weiter für uns im Verborgenen ‚arbeitet‘ wie wir es gewohnt sind“, sagt Peter Manning vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum. Weil nicht immer klar ist, welche drei Gruppen für die jeweilige „Dienstleistung“ der Wiese verantwortlich ist, ist die Artenvielfalt der Wiese insgesamt entscheidend.

Auch „Schädlinge“ sind wichtig

„Ein mich besonders berührendes Ergebnis ist, dass sich gerade Artengruppen, die wir Menschen für schädlich, lästig oder gar überflüssig halten, als funktionell sehr wichtig erwiesen haben“, kommentiert Wolters. Denn viele Insekten und Bodenorganismen spielen eine zentrale Rolle bei den Leistungen, die Natur für uns erbringt. „Pflanzen liefern Biomasse, die den Anfang der Nahrungskette bildet, aber Insekten wirken als Bestäuber und Bodenorganismen erhöhen durch Zersetzung und Rückhalt von chemischen Elementen wie Phosphor die Bodenfruchtbarkeit“, sagt Soliveres. „Je mehr und je unterschiedlichere Individuen es besonders innerhalb dieser drei Gruppen gibt, desto positiver wirkt sich das auf alle Dienstleistungen aus.“

Nach Ansicht der Wissenschaftler demonstriert ihre Studie vor allem Eines: Wenn wir in den Naturhaushalt von Wiesen und vermutlich auch anderen Lebensräumen eingreifen, schneiden wir uns damit langfristig selbst ins Fleisch. „Die Menschheit wird ihre Sichtweise auf die Natur, von der sie leichtfertiger Weise glaubt, dass man sie mit chemischen und mechanischen Mitteln beherrschen kann, deutlich verändern müssen“, betont Wolters. „Nur dann werde sie den zukünftigen Herausforderungen an die Produktion von Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Energie gewachsen sein.“

Quelle: Universität Gießen, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/nature19092

© natur.de – Nadja Podbregar
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