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Zapfen: Langlebiges Patent der Natur

Klappbewegung der Samenschuppen funktioniert noch nach Millionen Jahren

Zapfen: Langlebiges Patent der Natur
Zapfen
Fossile Zapfen einer Stechtanne (links) und einer Kiefer – ihre Samenschuppen reagieren noch heute auf Feuchtigkeit (Foto: Plant Biomechanics Group)
Die Zapfen von Nadelbäumen öffnen sich nur dann, wenn das Wetter für Samenverbreitung günstig ist. Jetzt zeigt sich: Das genial einfache System dahinter ist erstaunlich langlebig. Selbst nach Millionen Jahren reagieren fossile Zapfen noch auf Wetterveränderungen.

Wie bei vielen Bäumen versuchen auch Tanne, Fichte, Kiefer und Co, ihre Samen möglichst weit zu verbreiten. Dafür sind diese möglichst leicht und mit Schwebehelfern ausgerüstet, die der Wind gut greifen kann. Der Baum hilft seinen künftigen Nachkommen aber auch durch den richtigen Zeitpunkt der Freisetzung: Die samentragenden Schuppen der Tannenzapfen öffnen sich nur bei trockenem Wetter, bei Regen oder Nebel bleiben sie geschlossen.

Wie ein Bimetallstreifen

Die Öffnung der Zapfen wird durch ein genial einfaches und sparsames System geregelt. Denn die Bewegung der einzelnen Schuppen läuft vollkommen passiv ab, sie verbraucht keine Stoffwechselenergie. Möglich wird dies durch die raffinierte Konstruktion der Schuppen. Sie bestehen aus zwei miteinander verbundenen Schichten von Materialien, die unterschiedlich stark auf Veränderungen der Luftfeuchtigkeit reagieren.

Die untere Schicht besteht aus Zellen, die bei höherer Luftfeuchte Wasser aufnehmen und dabei anschwellen. Sie nehmen dabei um rund 20 Prozent an Länge zu. Die obere Schicht dagegen bleibt auch bei Feuchtigkeit stabil. Weil beide miteinander verwachsen sind, führt das Längenwachstum der unteren Schicht zu einer Biegung der gesamten Schuppe – ähnlich wie bei einem Bimetallstreifen, der sich erwärmt. Die Schuppe bewegt sich nach oben und schließt sich.

Bewegungstest bei fossilen Zapfen

Aber wie haltbar ist dieses System? Funktioniert der geniale Mechanismus auch noch bei sehr alten Zapfen? Um das herauszufinden, haben Simon Poppinga von der Universität Freiburg und seine Kollegen drei fossile Nadelbaumzapfen genauer untersucht. “Wir wollten wissen, ob die verkohlten Strukturen dieser fossilen Zapfen noch immer in der Lage waren, passive hydraulische Bewegungen auszuführen”, berichten die Forscher.

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Der erste Zapfen ist der rund 126.000 bis 113.000 Jahre alt und stammt von einer Kiefer. Er wurde bereits 1965 in einer Kohlemine entdeckt, eingebettet in Kieselgur. Ein zweiter Kiefernzapfen und der Zapfen einer Stechtanne stammen aus einem Braunkohlentagebau bei Frechen und sind bereits 16,5 bis 11,5 Millionen Jahre alt. Für ihren Versuch brachten die Forscher diese Zapfen aus der trockenen Luft ihrer Aufbewahrungsbehälter in eine feuchte Umgebung. Um herauszufinden, ob sie Wasser aufnahmen, wogen sie sie und untersuchten ihre Strukturen mittels Mikrotomografie.

Beweglich noch nach Millionen von Jahren

Und tatsächlich: Als die Zapfen in die feuchte Luft kamen, begannen sie sich zu verändern. Sie nahmen an Gewicht zu und sogar Bewegungen der Schuppen waren zu erkennen. Diese fielen zwar kleiner aus als bei frischen Zapfen, entsprachen aber in ihrem Ablauf denen heutiger Zapfenschuppen, wie die Biologen berichten. Demnach sind Zapfen auch nach Millionen von Jahren noch zu den Biegebewegungen ihrer einzelnen Samenschuppen fähig.

Die Fossilien repräsentieren damit die ältesten bekannten Pflanzenteile, die sich noch bewegen können. “Das zeigt die erstaunliche Resilienz dieser mechanischen Systeme, denn sie geht weit über das hinaus, was nur zum Verbreiten der Samen nötig wäre”, konstatieren Poppinga und seine Kollegen. “Die Natur demonstriert damit eindrucksvoll, dass sie Konstruktionen schaffen kann, die menschengemachte bewegliche Klappen bei weitem übertreffen, wenn es um Langlebigkeit oder wartungsfreie Funktionalität geht.” Die Zapfenkonstruktion der Nadelbäume können damit der Technik durchaus als Ideengeber für bioinspirierte, autonom reagierende technische Klappenstrukturen dienen.

Quelle: Universität Freiburg, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/srep40302

© natur.de – Nadja Podbregar
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