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Alpines Eldorado für Moose und Flechten

Bergahornweiden entpuppen sich als Hotspots der Artenvielfalt

Alpines Eldorado für Moose und Flechten
Bergahorn
Eine Bergahornweide am Großen Ahornboden in Tirol. (Foto: Thomas Kiebacher / Eidg. Forschungsanstalt WSL)
Weiden mit Bergahornbäumen sind schon seit Jahrhunderten Teil der alpinen Kulturlandschaft, wenn auch kaum beachtet. Jetzt zeigt sich: Diese Bergahornweiden sind wahre Hotspots der Artenvielfalt. Hunderte von Moos- und Flechtenarten leben an und auf den Bäumen und auch am Boden darunter herrscht reiche Vielfalt.

Der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) ist ein echter Mitteleuropäer: Diese heimische Baumart kommt bei uns nicht nur in vielen Parks und als Straßenbaum vor, von Natur aus wächst sie vor allem auf feucht-kühlen Gebirgsstandorten und sogar noch in den Höhen der Alpen. Schon vor Jahrhunderten legten die Menschen dort sogar extra Bergahornweiden an und bewirtschafteten sie. Das Laub der Bäume diente als Futter und Einstreu für die Tiere und das Holz zum Heizen.

Bestandsaufnahme in einem bedrohten Lebensraum

Doch viele Bergahornweiden sind bereits verschwunden: „Tote Ahornbäume werden kaum mehr ersetzt“, erklärt Thomas Kiebacher von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Diese Kulturlandschaften drohen deshalb zu verschwinden. Bevor dies passiert und um Schutzmaßnahmen einleiten zu können, hat Kiebacher untersucht, wie groß die Artenvielfalt auf den Bergahornweiden ist. Sein besonderes Augenmerk galt dabei den Moosen und Flechten.

„Das Forschungsprojekt zielte darauf ab, ein besseres Verständnis über die ökologischen Ansprüche von Moosen und Flechten zu erhalten und darüber, wie wir diese gezielt schützen können. Denn rund 40 Prozent aller Moos- und ein Drittel der baum- und erdbewohnenden Flechtenarten sind in der Schweiz gefährdet“, sagt Kiebacher. Für seine Studie sammelte Kiebacher an sechs Standorten in der Schweiz, Österreich und Deutschland über 20.000 Moos- und Flechtenproben von 90 Bergahorn-Bäumen. Um die Flechten und Moose der Bäume möglichst vollständig zu erfassen, kletterte der Forscher sogar bis in die Baumwipfel.

Heimat von hunderten Moosen und Flechten

Das Ergebnis: Bergahornweiden sind überraschend artenreich und wahre Refugien für Moose und Flechten. Insgesamt 314 Moos- und 232 Flechtenarten, darunter mehr als 50 gefährdete Arten entdeckte der Biologe. Kiebacher fand auf einigen Bergahornen sogar das seltene und europaweit geschützte Rudolphis-Trompetenmoos (Tayloria rudolphiana), welches fast ausschließlich in den Nordalpen vorkommt.

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Besonders hoch ist die Artenvielfalt auf alten Bergahornen, wie Kiebacher feststellte. Es gibt jedoch auch Arten, wie beispielsweise das gefährdete Großsporige Goldhaarmoos (Orthotrichum rogeri), die bevorzugt auf jungen Bäumen wachsen. „Für eine hohe Artenvielfalt und die langfristige Sicherung der Bergahornweiden ist es deshalb wichtig, Bäume unterschiedlichen Alters zu erhalten“, sagt der Forscher.

Baumkronen als spezieller Lebensraum

Interessant auch: Ein Drittel aller Moose und sogar zwei Drittel der Flechtenarten gediehen nur in den Baumkronen, unter anderem weil dort ganz spezielle ökologische Bedingungen herrschen. „Diese Erkenntnis ist sehr wichtig: In Biodiversitätsstudien von baumbewohnenden Moosen und Flechten sollten möglichst auch die Baumkronen berücksichtigt werden, sonst werden viele und vor allem seltene Arten übersehen“, sagt Kiebacher.

Doch nicht nur die Ahornbäume strotzen vor Artenvielfalt, sondern auch die Bodenvegetation der Bergahornweiden: Dort fand Kiebacher insgesamt fast 350 Gefäßpflanzen- und über 250 Moosarten. Diese hohe Artenvielfalt erklärt der Forscher mit den vielfältigen Standortbedingungen auf den Weiden, denn durch die locker stehenden Bäume entsteht ein Mosaik beschatteter und besonnter Lebensräume. Kiebacher hofft nun, dass der bislang vernachlässigte Lebensraum und seine Artenvielfalt durch seine Erkenntnisse mehr Aufmerksamkeit erhält und weitere Schutzprojekte für Bergahornweiden umgesetzt werden.

Quelle: Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

© natur.de – Nadja Podbregar
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