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Aus Dürren lernen

Stressgedächtnis macht Pflanzen widerstandfähiger gegen Extrembelastungen

Aus Dürren lernen
Versuchsfläche für extreme Dürre
Nachahmung von extremer Dürre im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität Bayreuth
Erfahrung macht klug – das gilt offenbar auch für Grünzeug. Ein Langzeitexperiment der Universität Bayreuth zeigt, dass Pflanzen, die schon mehrere Trockenperioden erlebt haben, mit extremer Dürre besser zurecht kommen als gut bewässerte Exemplare. Möglicherweise verändert die Stresserfahrung sogar das Erbgut der Pflanze.

P Versuchsflaeche-OBG-extreme-Duerre_groß.jpgflanzen können aus Erfahrungen lernen – und widerstandsfähiger werden. Darauf deutet zumindest eine Langszeitstudie der Universität Bayreuth hin. Seit 2005 wachsen auf dem Gelände der Universität verschiedene heimische Pflanzen, wie sie in Grünland- oder Heidelandschaften vorkommen. Auch Monokulturen einzelner Arten wurden angelegt, bis insgesamt 85 Versuchsflächen entstanden waren. Die Pflanzen durften nahezu ungestört vor sich hinwachsen. Nur die Bewässerungsmenge wurde von den Wissenschaftlern kontrolliert. Während einige Flächen Unwetterartige Regengüsse erlebten, erlitten andere eine mehrwöchige Dürrperiode und wieder andere wurden regelmäßig angemessen bewässert, von natürlichen Trockenzeiten einmal abgesehen. Einige Kontrollflächen waren all die Jahren allein den natürlichen Wetterverhältnissen ausgesetzt.

2011 hieß es dann für alle Felder: Ab in die Wüste. Alle Flächen wurden noch einmal mit der gleichen Menge Wasser versorgt, bevor von Mai bis August auf allen Versuchsflächen Dürre herrschte. 104 Tage lang schirmten spezielle Zelte die Beete von Niederschlägen ab, künstliche Bewässerung gab es keine. Die Ausgangssituation war gleich, das war den Wissenschaftlern wichtig. Sie wollten wissen: Hat die unterschiedliche Stresserfahrung der einzelnen Pflanzen Einfluss auf die Bewältigung der Dürre?

Dürreerfahrung macht Pflanzen resistenter

Das Ergebnis des Experiments bestätigte ihre Vermutung. Die Pflanzen, die in den letzten fünf Jahren nur wenige, natürliche Dürretage erlebt hatten, litten stark unter der plötzlichen Trockenheit. An diesen verwöhnten Exemplaren war der Anteil der Blätter, der verwelkt und abgestorben war, signifikant höher als bei den Pflanzen, die bereits im Vorfeld längere Dürreperioden erlebt hatten. Je stärker die Vorbelastung, so schien es, umso größer die Widerstandsfähigkeit.

„Möglicherweise bewirken frühere, durch Trockenheit bedingte Stresserfahrungen, dass sich in den Pflanzen spezifische Proteine ansammeln, die ihnen eine schnelle Reaktion auf den erneuten Stress ermöglichen“, erklärt Diplom-Biogeographin Sabrina Backhaus. Noch kommen aus wissenschaftlicher Sicht jedoch mehrere Ursachen infrage. Möglicherweise handelt es sich bei der Anpassungsreaktion auch um eine Veränderung im Genom der Pflanze, die durch die frühere Stresserfahrung verursacht wurde. „Besonders spannend ist die Überlegung, ob bei dem ‚Stressgedächtnis‘ der Pflanzen auch epigenetische Veränderungen im Spiel sind“, sagt Backhaus. „Dies wurde bereits in anderen Studien entdeckt.“

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Interaktion der Pflanzen wird unterschätzt

Ein weitere interessante Beobachtung, die die Bayreuther Forscher auf ihrem Versuchsfeld machten, zeigt, dass sich auch die benachbart wachsenden Pflanzen eine Rolle spielen. So reagierten Heidelbeersträucher in einer Monokultur mit weniger Schäden auf die Trockenheit, wenn sie an die Wasserknappheit gewohnt waren – so wie die meisten Pflanzen in dem Versuch. Wuchsen die Sträucher allerdings neben Besenheide, kehrte sich dieser Effekt um: sie starben auf den vorbelasteten Feldern stärker ab, als auf den Kontrollflächen.

„Künftige Forschungsarbeiten zum Stressgedächtnis von Pflanzen sollten die Interaktionen zwischen Pflanzen, die verschiedenen Spezies angehören, gründlicher in den Blick nehmen, als dies bisher geschehen ist“, fordert Prof. Jentsch, Leiterin des Bayreuther Forschungsteams. Relevant sind die Ergebnisse dieser Studie vor allem deswegen, weil es wahrscheinlich in Zukunft häufiger zu extremen Wetterverhältnissen und Dürreperioden kommen könnte. Möglicherweise könnten Bauern den positiven Einfluss bestimmter Pflanzen nutzen, um ihre Felder widerstandsfähiger zu machen und das Stressgedächtnis der Gewächse zu fördern.

Quelle: Sabrina Backhaus et al.: Recurrent Mild Drought Events Increase Resistance Toward Extreme Drought Stress, Ecosystems 17 (6) 2014, S. 1068-1081,
doi: 10.1007/s10021-014-9781-5

Foto: Universität Bayreuth

© natur.de – Edith Luschmann
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