Frosch im Rohr
„Ich war begeistert, als wir dieses Verhalten entdeckt haben. Für mich hat sich eine komplett neue Welt eröffnet“, schwärmt Kadaba Shamanna Seshadri. Zwischen 2009 und 2012 konnte der Umweltwissenschaftler beobachten, wie die männlichen Tiere in den hohlen Sprossenabschnitten von Bambusrohren sitzen und singen, um Sexualpartner anzulocken.
Den Weg hinein finden sie durch kleine Öffnungen, die wahrscheinlich von Insekten stammen. Selbst für die nur etwa 2,5 Zentimeter langen Frösche keine leichte Aufgabe: Die Löcher sind meist nur daumennagelgroß. Die Tiere suchen aktiv nach diesen Öffnungen und verteidigen sie als ihr Revier.
Ein Männchen von Raorchestes chalazodes zwängt sich in das Innere eines Bambusrohres.
Nach der Paarung legen die Weibchen fünf bis acht Eier ab. Die Männchen bleiben im Inneren und kümmern sich um die Brut. Nur abends verlassen sie zur Nahrungssuche das Bambusrohr für ein paar Stunden. Raorchestes chalazodes galt über 100 Jahre lang als ausgestorben. Die Art wurde erst vor einigen Jahren in den Nadelwäldern des Kalakad Mundanthurai Tiger Reservats im indischen Westghats-Gebirge wieder entdeckt.
„Amphibien gehören zu den am stärksten bedrohten Arten. Trotzdem wissen wir kaum etwas über sie“, sagt Seshadri.“Wenn wir diese faszinierenden Frösche weiterhin beobachten, können wir unter Umständen viele grundlegende Fragen der Evolution klären.“
Natalie Ruppricht
Quelle: Seshadri, K. S., Gururaja, K. V. and Bickford, D. P., Breeding in bamboo: a novel anuran reproductive strategy discovered in Rhacophorid frogs of the Western Ghats, India. Biological Journal of the Linnean Society 2014. doi: 10.1111/bij.12388
Fotos: K. S. Seshadri