Ob beim Picknick auf einer Sommerwiese oder beim Spaziergang im Grünen: Die „Musik“ der Heuschrecken bildet dabei eine vertraute sommerliche Geräuschkulisse. Die springfreudigen Grashüpfer und Grillen haben aber auch für die Natur eine wichtige Funktion: Sie sind wertvolle Bioindikatoren für den Zustand von Ökosystemen und eine wichtige Nahrungsquelle für zahlreiche gefährdete Vögel und Reptilien.
Ein Viertel ist gefährdet
Doch wie gut geht es den europäischen Heuschrecken? Um das herauszufinden, haben Forscher um Axel Hochkirch von der Universität Trier erstmals den Gefährdungsstatus der 1.082 in Europa vorkommenden Heuschreckenarten bewertet. Mehr als 150 Heuschrecken-Experten beteiligten sich an dem Projekt. Die Erhebungen für die erste Europäische Rote Liste der Heuschrecken wurden von der International Union for Conservation of Nature (IUCN) koordiniert.
Das überraschende Ergebnis: Obwohl ihr Zirpen fast überall zu hören ist, sind Heuschrecken die Insektengruppe mit der höchsten Gefährdung in Europa. 25,7 Prozent der Heuschreckenarten sind bedroht, wie die Erhebung ergab. „Es gibt zahlreiche Arten, die seit einigen Jahrzehnten nicht mehr gesichtet wurden – es gibt aber auch kaum jemanden, der nach ihnen sucht“, so Hochkirch. Denn bisher gab es keine gezielten Monitoring-Programme für Heuschrecken in Europa.
Nur an einem einzigen Berghang
Einer der Gründe für die Gefährdung der Heuschrecken sind ihre oft extrem kleinen Verbreitungsgebiete. Viele Arten kommen nur auf einzelnen Inseln oder an kleinen Berghängen vor. Jede Veränderung der Landnutzung auf solch kleinen Flächen kann daher schnell zum Aussterben von Arten führen.
Zum Verhängnis wird vielen Heuschreckenarten die Intensivierung der Landwirtschaft, die immer mehr Grünland in Äcker umwandelt. Ein Beispiel ist die Adriatische Sumpf-Beißschrecke (Zeuneriana marmorata). Ihr Lebensraum in Seggenwiesen wird zunehmend in Maisäcker für die Gewinnung von Bioenergie umgewandelt. Vor allem in Südeuropa sind die Insekten zudem durch die zunehmenden Wald- und Buschbrände bedroht und durch die touristische Erschließung von Küsten und Gebirgen.
Monitoring und Schutz der Lebensräume
Was aber kann man tun, um die Grashüpfer und Grillen Europas zu schützen? Hochkirch und seine Kollegen empfehlen zum einen die Etablierung eines europäischen Monitoring-Programms, um die Bestandstrends der Heuschrecken besser zu verstehen. Gleichzeitig aber seien auch gezielte Naturschutzmaßnahmen nötig, beispielsweise indem geeignete Lebensräume geschützt und wiederhergestellt werden.
Die Europäische Rote Liste erscheint zu einem wichtigen Zeitpunkt, da sie der Europäischen Union hilft, den Fortschritt in Bezug auf die EU 2020-Biodiversitätsstrategie zu prüfen. Sie zeigt, dass eine bessere Implementierung der Europäischen Naturschutzdirektiven nötig ist, um das Ziel zu erreichen, den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen.
Quelle: Universität Trier