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Bundesverwaltungsgericht stärkt Verbraucherrechte

Recht auf Information über Schadstoffe eingeklagt

Bundesverwaltungsgericht stärkt Verbraucherrechte
Supermarkt
Verpackungen im Supermarkt (© Niki Love / Fotolia)
Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, Verbraucher über Schadstoffe in Lebensmitteln oder deren Verpackungen zu informieren. Doch jahrelang weigerten sich Behörden, solche Daten ungeschwärzt herauszugeben. Jetzt zwingt sie ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts dazu – selbst dann, wenn betroffene Unternehmen dagegen protestieren.

Es begann im Frühjahr 2006: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ließ damals Kartonverpackungen von Fruchtsäften und Nektaren auf Schadstoffe untersuchen. Dabei zeigte sich, dass diese mit der beim Druck als Farbfixierer verwendeten Chemikalie Isopropylthioxanthon (ITX) belastet waren. Dieser Stoff gilt in den USA offiziell als stark umweltschädlich und möglicherweise gesundheitsschädlich. In Italien und Kroatien wurden mit ITX belastete Lebensmittel aus dem Verkehr gezogen.

Geschwärzte Akten

Um der Sache nachzugehen, beantragte die DUH auf Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes die Herausgabe amtlicher Kontrollergebnisse zu solchen Verpackungen. Doch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) verweigerte jegliche Auskünfte. Nach erfolgreicher Klage der DUH vor dem Landgericht Köln rückte das Ministerium die Akten zwar heraus – aber alle relevanten Passagen waren geschwärzt.

Selbst nachdem das Oberverwaltungsgericht im Jahr 2008 urteilte, dass eine solche Schwärzung rechtwidrig sei, weigerte sich die Behörde weiter. Der Rechtsstreit ging bis vor das Bundesverwaltungsgericht – das der DUH und damit dem Recht der Verbraucher auf Information ebenfalls Recht gab. Das jedoch rief Handels- und Lebensmittelkonzerne auf den Plan, darunter Penny, Rewe, Dr. Oetker und Tupperware. Sie versuchten nun ihrerseits, mit Widerspruchsklagen und Anträgen auf Revision die Herausgabe der Daten zu verhindern.

Endgültiges Urteil nach neun Jahren Rechtsstreit

Doch aller Widerstand half nichts: Das Bundesverwaltungsgericht kommt in einer im Juli schriftlich veröffentlichen Grundsatzentscheidung zu dem Schluss, dass amtlich festgestellte Prüfergebnisse zu Druckchemikalien in Lebensmitteln durch Behörden herausgegeben werden müssen. Dies gilt selbst dann, wenn ein davon betroffenes Unternehmen der Meinung ist, dass die Werte nicht richtig ermittelt worden seien.

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„Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts stärkt das Informationsrecht von Verbrauchern grundlegend und ist richtungsweisend“, kommentiert Rechtsanwalt Remo Klinger, der die Interessen der DUH vertrat. Denn Chemikalienbelastungen in Lebensmitteln dürfen von den Behörden nun auch nicht mehr mit der Schutzbehauptung zurückgehalten werden, diese seien Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse.

„Es ist ein Skandal, dass fast ein Jahrzehnt vergehen musste bis Verbrauchern die ihnen zustehenden Informationen zuerkannt wurden“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. „Das ist ein Armutszeugnis für den staatlichen Verbraucherschutz und für Unternehmen, denen Profite wichtiger sind als die Gesundheit ihrer Kunden.“

Gravierende Belastungen von Lebensmitteln

Wie nötig diese Transparenz ist, zeigen die Daten, um die neun Jahre lang gestritten wurde: Die behördlichen Messergebnisse enthüllen, dass nicht nur Getränkekartons mit den verschiedensten Druckchemikalien belastet sind. Neben Getränken sind auch Produkte wie zum Beispiel Müsli, Haferflocken, Mehl, Tütensuppen, Cornflakes, Müsliriegel oder Reiswaffeln durch die auf den Verpackungen verwendeten Druckchemikalien belastet. Die behördlichen Kontrollen entdeckten mindestens 19 Drucksubstanzen, darunter auch das krebserregende 4-Methylbenzophenon.

Eine Bio-Reiswaffel von REWE enthielt nach Behördenangaben einen Cocktail von insgesamt sechs unterschiedlichen Druckchemikalien. In Knorr Mexican Tacos wurde ein Spitzenwert von bis zu 50 mg/kg der Chemikalie 4-Methylbenzophenon gemessen und überstieg damit den so genannten Unbedenklichkeitswert von 0,6 mg/kg um das 83-Fache. In 19 Fällen stellten die Behörden so hohe Konzentrationen von Druckchemikalien fest, dass das betroffenen Lebensmittel zurückgerufen oder der Verkauf verboten werden musste, so die DUH.

Um die Verbraucher vor solchen gesundheitsgefährdenden Stoffen zu schützen, fordert die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation nun, dass künftig nur noch unschädliche Drucksubstanzen zugelassen und in einer Positivliste zusammengestellt werden. „Es dürfen nur noch chemische Substanzen zulässig sein, die eindeutig und in Langzeituntersuchungen als unbedenklich eingestuft werden“, so Thomas Fischer von der DUH. Zudem sollten verbindliche Höchstmengen für den Übergang solcher Stoffe auf Lebensmittel festgelegt werden.

Deutsche Umwelthilfe

© natur.de – Nadja Podbregar
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