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Dem Geheimnis der „Höllenglocken“ auf der Spur

Naturphänomen: Unter Wasser gewachsene "Tropfsteine"

Dem Geheimnis der „Höllenglocken“ auf der Spur
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Die Hells Bells-Formationen in der El Zapote-Höhle bei Puerto Morelos auf der Yucatan-Halbinsel wirken wie die Strukturen einer Tropfsteinhöhle.Foto: E.A.N./IPA/INAH/MUDE/UNAM/HEIDELBERG
Wie sind diese glockenartigen Gebilde entstanden? Forscher berichten von tropfsteinartigen Strukturen in einer Unterwasser-Höhle auf der Yukatan-Halbinsel. Ihren Untersuchungen zufolge haben sie sich erstaunlicherweise im Wasser gebildet und Lebewesen scheinen dabei eine Rolle gespielt zu haben.

Tropfsteinhöhlen sind berühmt für ihre charakteristischen Strukturen: Stalaktiten und Stalagmiten. Die hängenden Tropfsteine – Stalaktiten – entstehen durch physikalisch-chemische Prozesse, bei denen kalkhaltiges Wasser eintrocknet und dabei am Ende eines Zapfens immer weitere Strukturen bildet. Sie verjüngen sich und bilden an ihrem unteren Ende eine Spitze, von der die Wassertropfen auf den Höhlenboden fallen. Dort bilden sie durch die fortlaufenden Ablagerungen häufig ein Gegenstück: einen nach oben gerichteten Zapfen – einen Stalagmiten.

Auch weitere Ablagerungsstrukturen sind von Tropfsteinhöhlen bekannt, wie beispielsweise kegelförmige Gebilde oder Sinterterrassen, die ebenfalls durch die kontinuierliche Benetzung mit kalkhaltigem Wasser entstehen. Doch im Fall des Natur-Phänomens, von dem die Forscher um Wolfgang Stinnesbeck vom Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg nun berichten, sind offenbar andere Prozesse am Werk gewesen.

Die Höllenglocken markieren eine giftige Schicht

Die Formationen in der El Zapote-Höhle der mexikanischen Yucatan-Halbinsel sind bis zu zwei Meter lang, hohl und öffnen sich nach unten glockenförmig. Aber nicht nur ihre Form und Größe ist einzigartig, sondern auch die Umgebung, in der sie zu finden sind. Diese seltsamen Strukturen gibt es nur an der Basis einer 30 Meter dicken Süßwasserschicht, die sich unmittelbar über einer sauerstofffreien Zone mit sulfidhaltigem giftigen Salzwasser befindet. Die Glocken „läuten“ gleichsam einen schwefeligen Bereich ein. „Man hat diesen Gebilden daher den sehr passenden Namen Hells Bells – Höllenglocken – gegeben“, sagt Stinnesbeck.

Doch wie und wann sind diese seltsamen Formationen entstanden? Dieser Frage sind die Forscher nun durch Analysen systematisch nachgegangen. Altersdatierungen anhand von Uranium-Thorium-Isotopen in den Strukturen belegten, dass die Hells Bells dort bereits seit Jahrtausenden existieren. Doch das bedeutet nicht, dass sie einst an der Luft entstanden sind und dann überflutet wurden, betonen die Forscher. Ihnen zufolge stand das Höhlensystem während dieser ganzen Zeit stets unter Wasser. Die Formationen haben sich also nicht durch Tropf-Prozesse gebildet, sondern müssen im Wasser entstanden sein.

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Biochemische Prozesse ließen die „Unterwasser-Tropfsteine“ wachsen

Wie die Wissenschaftler erklären, hat die Bildung der Höllenglocken etwas mit der Schichtung des Wassers in diesem Bereich zu tun: Die Ablagerung des Kalks ist an spezielle physikalische und biochemische Bedingungen nahe der sogenannten Halokline geknüpft. Damit ist diejenige Schicht in der Wassersäule gemeint, die das Süßwasser von dem darunterliegenden schwereren Salzwasser trennt.

Interessanterweise fanden die Forscher Hinweise darauf, dass für die Entstehung der Gebilde Lebewesen mitverantwortlich sind: „Hier scheinen Stickstoff-verarbeitende Bakterien, die bis heute aktiv sind, durch ihre Fähigkeit zur Erhöhung des pH-Wertes eine entscheidende Rolle für die Kalkabscheidung gehabt haben“, betont Stinnesbeck.

Letztlich wäre damit die Kombination einer skurrilen Wasserschichtung und der Tätigkeit von Mikroben für die Bildung der bizarren Kalkablagerungen im Wasser verantwortlich. Diese Unterwasserwelt auf der Yucatan-Halbinsel in Mexiko repräsentiert damit ein faszinierendes Ökosystem, resümiert der Wissenschaftler.

Quelle: Universität Heidelberg

© natur.de – Martin Vieweg
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