Faszinierende Riesen: Elefanten gehören zweifellos zu den intelligentesten Wesen unseres Planeten, das belegen bereits viele Studien. Ähnlich wie die menschliche Hand, ist bei Elefanten bekanntlich der Rüssel das feinmotorische Werkzeug ihres Verstandes. Es handelt sich bei diesem skurrilen Muskelschlauch eigentlich um eine Kombination aus Nase und Oberlippe. Wie die Forscher um Kaori Mizuno von der Kyoto Universität erklären, ergibt sich daraus eine potenzielle Einsatzmöglichkeit, die eine Hand nicht besitzt: Elefanten können den Rüssel als Druckluft-Instrument einsetzen.
Gezieltes Pusten
Es gab immer mal wieder Berichte über Beobachtungen, denen zufolge Elefanten den Luftstrom aus ihrem Rüssel gezielt für ihre Zwecke einsetzen. Doch Mizuno und seine Kollegen haben dies wissenschaftlich dokumentiert. Im Fokus ihrer Studie standen die beiden asiatischen Elefantendamen Mineko und Suzuko im Kamine Zoo in Japan. Für die Tests konfrontierten die Forscher die beiden Tiere gezielt mit verschiedenen Futterarten außerhalb ihrer Reichweite und filmten ihr Verhalten.
Wie die Videos eindrucksvoll dokumentieren, stellten sich die Elefantendamen ausgesprochen geschickt an: Oft reichten schon drei gezielte Luftstöße aus dem Rüssel, um das Futter in Reichweite des raffinierten Pust- und Greiforgans zu bringen. Wenn die Objekte der Begierde nahe genug waren, verzichteten die Elefantenkühe auf die Pusterei – das Verhalten war speziell für die Bewegung von Futter außer Reichweite gedacht, sagen die Forscher.
Ihnen zufolge zeichneten sich interessanterweise auch individuelle Unterschiede beim Pust-Talent ab. Mineko zeigte sich im Vergleich zu Suzuko als besonders clever beim Einsatz ihres Rüssels als Düse: Sie gab dem Organ ideale Winkel, damit das Futter sich am effektivsten aufhäufte. „Das gezielte Blasen legt nahe, dass Elefanten ein besonderes Verständnis ihrer physikalischen Umwelt besitzen“, sagt Mizuno. Möglicherweise steht diese Fähigkeit mit anderen Verhaltensweisen bezüglich Luft in Zusammenhang. Es ist bekannt, dass Elefanten sich manchmal selbst anpusten beziehungsweise die Luft zur Lauterzeugung nutzen, erklärt der Forscher.
Ein unsichtbares Werkzeug?
Die Wissenschaftler sind der Meinung, dass die Definition von tierischem Werkzeuggebrauch flexibler betrachtet werden sollte. Bisher gelten beispielsweise Steine als tierische Werkzeuge, die Schimpansen zum Nüsseknacken benutzen, oder die Stöckchen, mit denen sie nach Termiten angeln. Doch neben diesen festen Gegenständen kommt durchaus auch Unsichtbares als tierisches Werkzeug in Frage: Druckluft aus Rüsseln, so Mizuno und seine Kollegen.
Quelle: BioMed Central, Animal Cognition, DOI 10.1007/s10071-015-0929-2
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