Der Galenbecker See in Mecklenburg-Vorpommer ist groß, aber sehr flach: Sein Wasser ist durchschnittlich nur rund 75 Zentimeter tief, dafür aber hat der See eine Größe von knapp sechs Quadratkilometern. Diese Kombination und die umliegenden Wiesen und Felder machen ihn zurzeit zu einem der attraktivsten Zwischenstopps für Zugvögel überhaupt. Alle tanken hier am Vogel-Airport Energie in Form von Pflanzen oder Insekten. Der See ist Nahrungs-Tankstelle und Ruhe-Lounge, um am Ende die Power für die kräftezehrende Tour nach Süden zu haben.
Hochbetrieb bei Kranichen und Gänsen
Nahezu stündlich sind jetzt Mitte September Kraniche aus dem Baltikum, aus Finnland und Lettland im Anflug. Sie genießen das First Class-Schlemmerangebot im Umfeld des Sees: fette Großinsekten an Mais. „Zur Zeit landen tausende Fluggäste pro Tag; häufig bleiben sie mehrere Nächte, um sich für ihren beschwerlichen Weiterflug auszuruhen“, berichtet Michael Tetzlaff von der Deutschen Wildtier Stiftung.
Bis Mitte Oktober rechnet der Ornithologe mit über 100.000 Transitreisenden, die das Seegelände bevölkern. „Das ist ein Geschnatter und Gekreische bei der Suche nach dem geeigneten Landeplatz“, sagt Tetzlaff begeistert. „Gute Wasser- und Nahrungsqualität ist den Passagieren besonders wichtig; eine ökologische Vielfalt ist der beste Nährboden für ausgewogenes Flugbenzin in Form von Amphibien und Insektenlarven!“
Mit gut gefülltem Magen geht es dann für die Kraniche weiter auf der Route Richtung Frankreich, Spanien und Portugal. Auch andere Fluggäste sind geübte Langstrecken-Touristen, etwa die nordischen Gänse aus Sibirien. Sie legen viele hundert Flugkilometer zurück: eine Strapaze – wenn sie eintreffen, wird erst mal gechillt. „Die Vögel rasten mehrere Wochen, bevor sie spätestens im November Richtung Niederrhein abziehen“, erklärt Tetzlaff.
Nachts herrscht „Flugverbot“
Nach Einbruch der Dämmerung gilt am Galenbecker See – wie bei vielen internationalen Flughäfen – eine Art Nachtflugverbot. Es herrscht Ruhe. Die Zugvögel tanken schlafend Kraft, bevor es bereits im Morgengrauen zum Check-In geht. „Kraniche schlafen an drei verschiedenen Plätzen in den Buchten des Sees. Sie stehen dicht gedrängt beieinander. So sind sie vor Wind und Wetter geschützt“, erläutert Tetzlaff.
Gänse ruhen dagegen in etwas tieferem Wasser auf dem flachen See. Dort fühlen sie sich vor dem wasserscheuen Fuchs sicher. Sie stecken ihre Köpfe ins Gefieder und nutzen die Federn als kuschelige Schlafmaske. Wenn Kraniche und Gänse Ende Oktober ausgecheckt haben, landen Wintergäste auf dem Galenbecker See. Dazu gehören Zwerg- und Gänsesäger, Schellente, Sing- und Zwergschwan aus dem Hohen Norden. Sie nutzen den Galenbecker See zum Überwintern und fliegen erst im Frühjahr wieder zurück.
Quelle: Deutsche Wildtier Stiftung