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Europas Meere zugemüllt

Umweltverschmutzung

Europas Meere zugemüllt
Fotolia_56551215_aquapix
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Der Meeresgrund rund um Europa säuft ab: im Müll. Selbst in unberührten Meeresgebieten treiben Abfälle im Wasser. Das ergab die bisher umfassendste Kartierung von Müll in den Ozeangebieten unseres Kontinents.

Viele Lebewesen verwechseln kleinere Plastikteile mit Futter, fressen sie und gehen daran zugrunde. Vor allem Seevögel verheddern sich in Resten von Fischernetzen und Tüten, viele Organismen nehmen zudem Schaden durch die giftigen Chemikalien, die im Wasser aus dem Müll freigesetzt werden.

Dass der Abfall auch entlang vieler Küsten Europas inzwischen verbreitet ist, war schon länger bekannt. Es fehlte aber bisher eine umfassende Bestandsaufnahme – eine Bilanz des Müllproblems in allen europäischen Unterwasser-Gebieten. Eine solche Bilanz hat das europäische Forscherteam um Pham nun erstmals zusammengetragen. Sie werteten dafür Daten von 600 Erhebungen aus, die zwischen 1999 und 2011 entlang des europäischen Kontinentalschelfs durchgeführt wurden. Die Fotos, Videos, Daten von Tauchrobotern und Netzfängen stammten dabei aus dem Atlantik, dem arktischen Ozean sowie dem Mittelmeer und aus Tiefen von 35 bis 4.500 Metern.

Überall Müll

Das Ergebnis: Egal wo die Forscher nachschauten, überall fand sich Müll aus Menschenhand. „Menschliche Abfälle sind präsent in allen marinen Habitaten, von den Stränden bis in die entlegensten und tiefsten Bereiche des Ozeans“, sagt Koautorin Kerry Howell von der Plymouth University. „An vielen dieser Orte waren wir zum ersten Mal, aber wir waren geschockt, als wir feststellten, dass unser Müll längst vor uns dorthin gelangt war.“

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Selbst am Mittelatlantischen Rücken, 2000 Kilometer vom nächsten Land entfernt, fanden Wissenschaftler Müll am Meeresboden. Die Präsenz von Müll in diesen Gebieten sei besorgniserregend, betonen die Forscher. Denn entlang der mittelozeanischen Rücken liegen viele besonders sensible Meeresökosysteme, darunter hydrothermale Schlote und Riffe von Kaltwasserkorallen. Sie können sich von Störungen nur schwer erholen.

Mit 41 Prozent am häufigsten im Unterwassermüll vertreten waren Plastiktüten und andere Kunststoffreste, berichten die Forscher. Teile von Fischernetzen und anderen Fischereiutensilien machten 34 Prozent aus. Aber auch Glas, Metall, Pappe, Holzteile und diverse nicht identifizierbare Abfälle wurden gesichtet.

Große Halden in Unterwasser-Canyons

Am größten war die Mülldichte in tief eingeschnittenen Unterwasser-Canyons, wie sie an den Kontinentalhängen vor Portugal und Frankreich, aber auch im Mittelmeer häufig sind. Hier lag die Mülldichte bei mehr als 20 Objekten pro Hektar, wie die Forscher berichten. Ein Großteil dieses Mülls sei vom Land und den Küsten ins Meer gelangt und dann durch die teilweise starken Abwärtsströmungen in die Canyons gespült worden. Am wenigsten Abfälle fanden sie an Kontinentalhang vor den Färöer-Inseln, 300 Kilometer nördlich der schottischen Nordküste.

Kurios: Am Meeresgrund fanden sich sogar Relikte aus der Dampfschiff-Ära – quasi die Abfälle unserer Vorväter. Denn in den Becken der Tiefsee und entlang der Kontinentalhänge ist der Meeresboden mit großen Schlackenbrocken übersät – Resten unverbrannten Materials aus den mit Kohle befeuerten Kesseln der Schiffe.

„Der tiefe Meeresboden ist ein passives Auffangbecken für Abfälle jeder Art und sammelt daher Informationen über lange Zeitperioden“, erklären die Forscher. Das aber bedeutet, dass der heute von uns in die Ozeane eingetragene Müll unter Umständen über Generationen unzersetzt dort bleibt und die marinen Lebensräume prägt.

Nadja Podbregar

Quelle: Christopher Pham (University of the Azores, Horta) et al., PLOS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0095839

Foto: aquapix/Fotolia.com; Pham et al./PlosOne

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