Sie sind pflegeleicht, massenhaft vermehrbar und eignen sich oft prima für die Klärung vieler Forschungsfragen und für Wirkstofftests. Diese Aspekte machen Fische zu einer bedeutenden Versuchstiergruppe: Mit fast 275.000 Tieren standen sie 2014 an dritter Stelle der Tierversuchsstatistik, berichtet die Tierrechtsorganisation Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner. Vor allem der Zebrabärbling hat Karriere als Modelltier gemacht. Die Fische lassen sich vergleichsweise leicht gentechnisch verändern, was zu einem zunehmenden Einsatz in der medizinischen Grundlagenforschung geführt hat.
Nicht nur „süße“ Tiere verdienen Aufmerksamkeit
Darüber hinaus scheinen Fische als Versuchstiere aber auch noch einen weiteren „günstigen“ Aspekt zu bieten: Die meisten Menschen stehen ihn recht emotionslos gegenüber. Stumm und nass-kalt erscheinen sie vielen als eher simple Wesen, denen man vergleichsweise wenig Leidensfähigkeit unterstellt. Niedliche Kaninchen und knopfäugige Mäuschen wecken hingegen sowohl bei Wissenschaftlern als auch in der Öffentlichkeit deutlich mehr Skrupel.
Doch das ist nicht gerechtfertigt, mahnt Menschen für Tierrechte an. Um das kaum beachtete Leid der Fische in die öffentliche Diskussion zu bringen, hat die Tierrechtsorganisation sie nun zu den diesjährigen Versuchstieren des Jahres gekürt.
Klar ist: Was genau in einem Tier vorgeht, bleibt uns verborgen. Deshalb ist es ihrer Ansicht nach stets fragwürdig, wenn Menschen darüber urteilen, inwieweit ein Wesen leidet oder nicht. Fische sind eindeutig hochentwickelte Wirbeltiere, die Angstreaktionen zeigen, Schmerz empfinden und zu komplexen Verhaltensweisen in der Lage sind.
Für das Versuchstier des Jahres engagiert sich im Rahmen der Aktion der Tierrechtsorganisation auch die Autorin Hilal Sezgin. Ihr zufolge dümpeln die Fische eindeutig im toten Winkel des öffentlichen ethischen Bewusstseins: „Sie atmen und kommunizieren anders als wir und darum meinen wir, wir dürften alles mit ihnen machen – in den Labors, in der Aquakultur und in der Freizeit“, sagt Sezgin. Ihr zufolge haben auch die Fische ebenso wie andere Wesen unseren Respekt und Schutz verdient.
Tierversuchsfreie Verfahren sind gefragt
Menschen für Tierrechte betont in diesem Zusammenhang erneut die Bedeutung der Entwicklung von Test- und Forschungsverfahren ohne Tierversuche. Vielversprechende Verfahren auf der Basis von Fischzelllinien sind nach Informationen des Verbandes derzeit in der Entwicklung, aber noch nicht praxisreif. Um letztlich das Ausmaß der Versuche an Fischen einzuschränken, sei nun deshalb öffentliche Aufmerksamkeit und auch Druck nötig.
„Wir brauchen ausreichende Forschungsgelder vom Entwicklungsbeginn bis zur Aufnahme der Methoden in die Prüfvorschriften. Außerdem muss die Dauer der Anerkennungsverfahren auf europäischer und internationaler Ebene drastisch verkürzt werden. Derzeit kann es bis zu 15 Jahre dauern, bis ein neues Verfahren von den Behörden akzeptiert wird. Zu guter Letzt muss der Tierversuch aus den Prüfvorschriften gestrichen werden, sobald ein tierversuchsfreies Verfahren aufgenommen wird“, meint Christina Ledermann, stellvertretende Vorsitzende des Verbandes.
Quelle: Tierrechtsorganisation Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner