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Fusion von Mensch und Pferd

Eine Künstlerin injiziert sich Pferde-Blut

Fusion von Mensch und Pferd

In Form einer „Blutsbrüderschaft“ hat sich die Künstlerin Marion Laval-Jeantet selbst zum klinischen „Versuchskaninchen“ gemacht. Über viele Monate hinweg injizierte sie sich Pferde-Immunoglobuline (im Blutserum zirkulierende Eiweiße) und entwickelte so eine progressive Toleranz gegen diese tierischen Fremdkörper. Anfang 2011 konnte ihr Pferdeblutplasma mit dem gesamten Spektrum von Fremd-Immunoglobulinen gespritzt werden, ohne dass die Künstlerin dabei einen allergischen Schock erlitt. Das Experiment zeigt die Möglichkeiten menschlicher Intervention in der Biologie, mit dem Ziel der Gesellschaft die eigene ökologische Verantwortung noch stärker bewusst zu machen.

Immunoglobuline steuern als biochemische Botensubstanzen zum Beispiel Drüsen und Organe im endokrinen System. Dieses ist auch sehr eng an das Nervensystem gekoppelt, sodass Marion Laval-Jeantet während und in den Wochen nach der Performance nicht nur einen veränderten physiologischen Rhythmus, sondern auch einen veränderten Bewusstseinszustand von gesteigerter Sensibilität und Nervosität erlebte. Nach der Transfusion vollführte die Künstlerin auf Stelz-Prothesen ein Kommunikations-Ritual mit dem Pferd, bevor ihr Hybridblut abgenommen und gefriergetrocknet wurde. Die riskante Aktion spielt auf die Möglichkeit an, Fremdimmunoglobuline von Tieren als therapeutischen „Booster“ zu nutzen, um möglicherweise Autoimmunkrankheiten zu heilen. Das Tier hat somit zunehmend nur noch einen Zweck, dem Menschen zu dienen.

Als radikales Experiment, dessen Langzeitwirkungen nicht absehbar sind, hinterfragt Art Orienté objet die anthropozentrische Grundhaltung, die unserem Technikverständnis innewohnt. Die Performance schreibt auch die Mythologie des Zentaurus (Kentaur) fort, jenes Mischwesens aus Mensch und Pferd, das den Menschen als jemanden beschreibt, der das Tier beherrscht. „Das ist eine kritische Entwicklung, auf die wir aufmerksam machen wollten und die auch in Zukunft noch eine bedeutende Rolle für die gesamte Menschheit spielen wird“, so Marion Laval-Jeantet abschließend.

Die Synthetische Biologie ist der gegenwärtige Versuch, lebende Organismen nicht mehr nur zu modifizieren, sondern von Grund auf neu zu erschaffen. Zehn international renommierte Künstler in der Ausstellung synth-ethic fragen nach der neuen Dimension dieser Technologie und nach unserer ethischen Verantwortung, wenn Leben synthetisch wird. Ihre Arbeiten untersuchen Spannungsfelder zwischen Molekularbiologie und Ökologie, Architektur und Biochemie, Technik und Natur, Kybernetik und Alchemie.

Ausgewählte Filmbeiträge, (Dokumentarfilm, Science Fiction, animation etc.), die sich kreativ, oft humorvoll bis makaber mit Anwendungen und Risiken einer künftigen Biotechnologie-Gesellschaft auseinandersetzen, finden Sie unter: http://bio-fiction.com/videos/

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natur+kosmos befasste sich schon in der Ausgabe 12/2010 kritisch mit der synthetischen Biologie in unserer Titelgeschichte „Experiment Schöpfung – Junge Gen-Forscher spielen Gott“.

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