Das Fledermaus-Navi
Erst die Entwicklung von Schalldetektoren für Hochfrequenztöne machte die Orientierungs-Rufe der skurrilen Tiere hörbar. So wurde klar: Sie stoßen Schreie aus, deren Echos ihnen dann ein Bild ihrer Umgebung liefern. Das System ist so fein, dass sie auch die Position von kleinen Beute-Insekten genau bestimmen können. Beim Jagdanflug stoßen sie zur höheren Auflösung dazu dichte Impulsfolgen aus – den sogenannten „feeding buzz“.
Aaron Corcoran und William Connervon der Wake Forest University in Winston Salem haben nun der Mexikanischen Bulldoggfledermaus (Tadarida brasiliensis) genau zugehört. Sie machten für ihre Untersuchungen Audio- und Videoaufnahmen der Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum in Arizona und New Mexico. Bei ihren Auswertungen fiel ihnen auf, dass die Fledermäuse bei gemeinsamer Jagd Schreie erzeugen, die sich von den normalen Echoortungssignalen und den 15 bekannten sozialen Kommunikations-Rufen unterscheiden. Die Tiere schienen diese Schreie nur auszustoßen, wenn gerade ein naher Artgenosse einen feeding buzz abgab, also gerade ein Beuteinsekt anpeilte. So entschieden sich die Forscher, diesem Ruf genauer auf den Grund zu gehen.
Akustisches Ablenkungsmanöver
Mit Lautsprechern traktierten sie dazu jagende Fledermäuse mit Aufzeichnungen dieses Schreis, wann immer sie ein Insekt anpeilten. Zur Kontrolle führten sie diese Experimente auch mit der Beschallung durch andersartige Rufe durch. Ergebnis: Wenn den Fledermäusen beim feeding buzz der Spezialruf via Lautsprecher verpasst wurde, entging ihnen das Beuteinsekt besonders häufig – sie waren 73,5 Prozent weniger erfolgreich als wenn sie mit den Kontrollrufen beschallt wurden.
Den Forschern zufolge erzeugt der Störschrei einen Interferenz-Effekt, der den feeding buzz so stark beeinträchtigt, dass die betroffene Fledermaus das Beutetier nicht mehr präzise orten kann und sie verfehlt. So verschafft sich das attackierende Tier die Möglichkeit, dem Nahrungskonkurrenten das Insekt wegzuschnappen. Das raffinierte Echolotsystem der Fledermäuse kann also auch zum Ziel für ein faszinierendes innerartliches Störverhalten werden, resümieren die Forscher.
Martin Vieweg
Quelle: Science 2014, doi: 10.1126/science.1259512
Foto: Nickolay Hristo