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Geheimes Leben im Nordsee-Sand

Der Boden der Nordsee birgt Überraschendes

Geheimes Leben im Nordsee-Sand
Wattenmeer
Blick auf den bei Ebbe freigelegten Grund der Nordsee (Foto: hecke71/ Fotolia)
Ausgedehnte Wattflächen und Strände: So kennen die meisten von uns die Nordseeküste. Doch über die Rolle der Sandes am Meeresboden sind sich nur wenige bewusst: Seine Form und Zusammensetzung, aber auch seine bakteriellen Bewohner üben einen erheblichen Einfluss auf die gesamte Meeresumwelt aus.

Fast fünf Millionen Deutsche machen alljährlich Urlaub an der Nordsee. Sie erholen sich am Strand oder genießen das Naturschauspiel des Wattenmeers. Doch die Nordsee ist mehr als nur eines der beliebtesten deutschen Reiseziele. Sie ist auch ein faszinierendes Ökosystem, das für unser Leben höchst bedeutsam ist und immer noch voller Überraschungen steckt.

Sand, Sauerstoff und viele Bakterien

Soeren Ahmerkamp und David Probandt vom Bremer Max-Planck-Institut verbringen deshalb viel Zeit an der Nordsee. Die beiden Forscher beschäftigen sich mit dem Lebensraum Sand – oder, wissenschaftlich gesprochen, mit permeablen Küstensedimenten. Sie haben erforscht, wie Sauerstoff den Sand durchdringt und was das für die dort lebende Bakteriengemeinschaft bedeutet.

„Bisher wurde die Wechselwirkung von Sanden und dem Meerwasser meist nur im Labor untersucht“, erklärt Ahmerkamp. „Wir haben sie uns vor Ort angesehen, unter realen Bedingungen, um mehr über ihre tatsächliche Bedeutung aussagen zu können.“ Wenn Meerwasser durch den Sand strömt, gelangt auch Sauerstoff in den Boden und regt die dortigen Mikroorganismen an. Je mehr Sauerstoff in den Boden gelangt, desto aktiver sind die Mikroorganismen und können beispielsweise große Mengen Kohlenstoff oder Stickstoff umsetzen. „Das ist besonders wichtig angesichts dessen, dass durch die Flüsse große Mengen an Stickstoff und anderen Nährstoffen in die Nordsee gelangen“, erläutert Probandt.

Was die Rippel bewirken

Doch wie viel Sauerstoff bekommt der Meeresboden in der Nordsee? Um das herauszufinden, entwickelte Ahmerkamp gemeinsam mit Kollegen ein Gerät namens LanceALot, das gleichzeitig die Strömungsgeschwindigkeit, die Form des Bodens und den Sauerstoff im Sand messen kann. An 16 verschiedenen Stellen in der Nordsee wurde LanceALot eingesetzt, um den Zusammenhang zwischen diesen Faktoren zu untersuchen.

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Es zeigte sich: Die Rippel des Meeresbodens – typische, an ein Wellblech erinnernde Sandwellen – spielen eine erstaunlich große Rolle für den Gasaustausch und das Wohlergehen der Meeresboden-Bewohner. „Durch die ständigen Veränderungen der Rippel und die wechselnden Gezeitenströme ist der Sand ein sehr dynamischer Lebensraum, der sich ständig verändert“, sagt Ahmerkamp. „Sauerstoff ist mal mehr oder weniger vorhanden, mal dringt er mehrere Zentimeter tief in den Sand ein und mal bleibt er an der Oberfläche – daran müssen sich die Mikroorganismen im Sand anpassen.“

Sandbewohner als Filter

Umgekehrt kommt den bakteriellen Bewohnern des Sandes eine wichtige Rolle zu: „Auf jedem Sandkorn sitzen zehntausende bis hunderttausende Bakterien. Die können natürlich einiges bewirken“, meint Probandt. Da diese Bakterien beispielsweise Kohlenstoff und auch Stickstoff aus dem Meerwasser verarbeiten, wirken die Sande wie riesige, reinigende Filter. Vieles von dem, was das Meerwasser in den Boden spült, kommt nicht wieder heraus.

Bislang ist jedoch nur wenig über die bakteriellen Bodenbewohner entlang der Küsten bekannt. „Schon in den obersten fünf Millimetern des Meeresbodens finden wir ganz andere und vielfältigere Bakterien als im Meerwasser selbst“, so Probandt. „Wer wo wohnt, hängt vor allem von der Zusammensetzung des Meeresbodens ab. Je durchlässiger der Boden für einströmendes Meerwasser ist, desto mehr aerobe Bakterien treten auf.“ Aber auch der menschliche Einfluss macht sich bemerkbar – von der wirtschaftlichen Nutzung über Nährstoffeintrag durch die Flüsse bis hin zum Klimawandel.

Welche komplexen Wechselwirkungen sich für uns unsichtbar im Sand der Nordsee abspielen, ist noch lange nicht vollständig aufgeklärt. „Es gibt noch sehr viel zu erforschen in der Nordsee und den anderen Küstenmeeren“, schließt Ahmerkamp. „Die Vorgänge und mögliche Veränderungen in diesem Ökosystem betreffen uns alle.“ Denn so unscheinbar der Meeresboden im Wattenmeer und an den Stränden sein mag: Er ist ein wichtiger Einflussfaktor nicht nur für den Ozean, sondern auch für unsere Umwelt.

Quelle: Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie

© natur.de – Nadja Podbregar
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