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Geölte Geschichte

Erdöl

Geölte Geschichte
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Bild: Raffinerie bei Heide in Schleswig-Holstein in der Abenddämmerung © Thorsten Schier
Seit 150 Jahren fungiert Erdöl als Schmierstoff unserer Zivilisation – mit extremen Auswirkungen auf die Natur und das Weltklima. Wer den Werdegang unserer Gesellschaft verstehen will, muss einen Blick in die Geschichte dieses Stoffes werfen

Fotolia_27025909_S_250.jpgSchon seit Jahrtausenden wird im Mittelmeerraum Lampenöl aus Oliven hergestellt, während in den nördlicheren Ländern Europas Raps und Lein als Öl-lieferanten dienen. Mit dem großen Anstieg der Produktivität nach Erfindung der Dampfmaschine werden alle diese Öle hochbegehrte und knappe Güter.

Um 1850: Da pflanzliches Öl immer knapper wird, wird Mitte des 19. Jahrhunderts eine weitere „Fettquelle“ im großen Stil erschlossen: die Wale in den Weltmeeren. 1846 zählt allein die US-Walfangflotte 735 Schiffe. Zwischen 1850 und 1860 erreicht der Preis für Walöl seinen höchsten Stand überhaupt, er beträgt zwischen 40 und 60 Cent je Liter, was nach dem damaligen Wert des Dollars nahezu dem Dreißigfachen des heutigen Benzinpreises entspricht.

1859: Am 28. August jubelt Edwin L. Drake, der Generalagent der Seneca Oil Company. Nach Monaten des Bohrens und Hoffens sprudelt seine Ölquelle in Titusville, Pennsylvania. Der Erfolg löst einen Ölrausch aus und läutet das Zeitalter des Erdöls ein. Nun wird die Welt neu illuminiert. Schnell verdrängt Petroleum das Walöl. Hier hat das Erdöl also ausnahmsweise einmal zum Artenschutz beigetragen!

1870: Die Gesellschafter der Firma „Rockefeller, Andrews & Flagler“, vorneweg der berühmte John D. Rockefeller, gründen die „Standard Oil Company“. Ein Unternehmen ist geboren, das über lange Zeit hinweg zur mächtigsten Firmengruppe des Globus werden soll. Aus der Abkürzung S.O. leitet sich der Markenname „Esso“ her.

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Ein Ölmagnat wird reichster Mensch der Welt

Um 1875: Standard Oil exportiert sein Öl längst auch in andere Länder und Kontinente, vor allem nach Europa. Zeitweise brennen nahezu alle Öllampen weltweit mit dem Öl von Rockefeller. Geliefert wird sogar nach China. Um den chinesischen Markt zu erobern, hat der Unternehmer die geniale Idee, eine Million einfache Petroleumlampen fertigen zu lassen und zu verschenken. Das Petroleum für die „Mei-Foo-Lampen“, chinesisch für „die Leuchte Asiens“ – müssen die Menschen aber von Standard Oil kaufen. Rockefeller wird mit einem geschätzten Vermögen von umgerechnet 320 Milliarden US-Dollar zum reichsten Menschen, der je gelebt hat.

1911: Während die Glühbirne der Petroleumlampe zusehends Konkurrenz macht, steigert die Erfindung des Otto- und des Dieselmotors, nachdem sie von G. Daimler und C. F. Benz für Automobile tauglich gemacht worden sind, die Nachfrage nach Öl und allen daraus abgeleiteten Produkten ebenso wie die neu entwickelten Schiffsmotoren. Erstmals wird mehr Benzin als Petroleum verkauft. Die fortschreitende Mobili-sierung der amerikanischen Gesellschaft lässt den Markt für Benzin förmlich explodieren.

1913: Winston Churchill, damals Marineminister in Großbritannien, erklärt dem Parlament die „richtungweisende Darstellung der nationalen Ölinteressen“: Die britische Admiralität solle nach einer direkten Kontrolle der Ölfelder streben. Das Parlament stimmt dem zu. Ein Jahr später erwirbt die Regierung eine 51-prozentige Mehrheit an der Anglo-Persian-Oil-Company, der späteren BP, und hat damit die Kontrolle über die Ölfelder im damaligen Persien.

1914: Schon vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs sind Ingenieure und Mechaniker fieberhaft damit beschäftigt, die britische Kriegsflotte von Kohle- auf Ölbetrieb umzustellen. Der Aktionsradius vergrößert sich um 40 Prozent, die Geschwindigkeit von 21 auf 25 Knoten, und erstmals können Schiffe auf offener See problemlos betankt werden.

Eine Weltmacht kann ihren Hunger nach Öl nicht mehr stillen

1933: Am 29. Mai vergibt der saudi-arabische König Ibn Saud für 275  000 Dollar das Recht zur Ausbeutung seiner Ölfelder an die USA – und nicht an Großbritannien. Die Konzession hat eine Gültigkeit von 60 Jahren und bezieht sich auf ein Gebiet von ungefähr 500 000 Quadratkilometern.

1948: Auf halbem Weg zwischen Riad und dem Persischen Golf wird das sagenhafte Ölfeld Ghawar gefunden. Das größte Öllager der Welt hat eine Länge von 250 und eine Breite von 25 Kilometern. Es ist die Mutter aller Ölquellen, jeder zehnte Liter Öl, der weltweit gefördert wird, stammt aus den Bohrlöchern von Ghawar.

1950: Das in der Bundesrepublik einsetzende Wirtschaftswunder kommt mit dem Importöl von Esso und Shell in Gang. Nicht nur in der Industrie, sondern auch auf deutschen Straßen steigt der Öl- und Kraftstoffverbrauch gewaltig. Bis 1951 hat sich die westdeutsche Autoindustrie so weit erholt, dass sie 23 Prozent aller Autos produziert, die in Westeuropa, den USA und Kanada vom Band rollen. Wenige Jahre später kommt ein knappes Drittel aller Pkw und Nutzfahrzeuge aus Deutschland.

1970: Die Weltmacht USA kann ihren Hunger nach Öl nicht mehr selbst stillen. Die amerikanischen Ölimporte verdoppeln sich von täglich 3,2 Millionen Barrel im Jahr 1970 auf 6,2 Millionen im Jahr 1973. Davor war die Handelsbilanz der USA positiv. Mit dem Import von Öl aber beginnt eine verhängnisvolle Abwärtsspirale: Die USA werden erst Ölimporteure, dann Warenimporteure und schließlich Geldimporteure.

2003: Die gewaltsamen Auseinandersetzungen um die Ölfelder der Erde erreichen ihren bisherigen Gipfel im Irakkrieg.

2012: Nach verschiedenen Schätzungen betragen die noch vorhandenen förderbaren Ölreserven weltweit rund eine Billion Barrel. Bei der momentanen Förderquote reichen diese Reserven noch für ungefähr 40 Jahre. Deshalb geht es schon heute darum, den Weg in die Zeit nach dem Erdöl gangbar zu machen.

 

Titel-10-2-150.jpgAnmerkung
Dies ist eine gekürzte Version eines Textes, der in unserem Schwerpunkt „Wir können auch ohne Öl“ im Oktober 2012 erschienen ist. Die Titelgeschichte thematisierte Städte, die sich schon heute unabhängig vom Öl machen wollen. Das Heft lässt sich über unser Bestellportal im Internet ordern.

Die Informationen dieser Chronologie stammen aus dem Buch von Bertram Brökelmann: Die Spur des Öls – Sein Aufstieg zur Weltmacht. Erschienen im Osburg Verlag, 623 Seiten, 29,90 Euro (unten finden Sie einen Link zur Rezension).

Bild oben: Raffinerie bei Heide in Schleswig-Holstein in der Abenddämmerung © Thorsten Schier

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