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Getränkekartons: von wegen umweltfreundlich

Schlechte Ökobilanz

Getränkekartons: von wegen umweltfreundlich
Getränkekartons
Ökologisch eher fragwürdig: Getränkekartons (Foto: Deutsche Umwelthilfe)
Getränkekartons galten lange als „grünere“ Alternative zur Plastikflasche. Jetzt entlarvt eine Studie der Deutschen Umwelthilfe diese Meinung als veraltet und falsch. Längst bestehen die Kartons mehr aus Plastik als aus Pappe, verursachen in Herstellung und Transport mehr Emissionen und recycelt werden sie auch kaum.

Als vor mehr als zehn Jahren in Deutschland die Verpackungsverordnung eingeführt wurde, stellte sich die Frage, wie die Getränkekartons von Milch und vielen Säften einzustufen sind. Zwei Studien im Auftrag des Umweltbundesamtes untersuchten dafür 2000 und 2002 die Ökobilanz dieser Kartons und kamen damals zu dem Schluss: Weil die Getränkekartons nur rund 26 Gramm wiegen und zu fast drei Vierteln aus Pappkarton bestehen, sind sie ökologisch vorteilhaft. Zudem schätzten die Forscher damals die Recyclingquote auf 58 bis 64 Prozent.

Seither allerdings hat sich das Aussehen der Getränkekartons ziemlich gewandelt: Statt der typischen Pappfalz haben sie Schraubverschlüsse aus Plastik und auch ihre Form ist vielfältiger geworden. Zwar betonen die Hersteller dieser Verpackungen, darunter die Marktführer Tetra Pak, SIG und ELOPAK, noch immer, ihre Kartons seien umweltfreundlich. Ob die vor rund zwölf Jahren ermittelten Ökobilanzen aber noch immer stimmen, haben nun Forscher der Deutschen Umwelthilfe (DUH) überprüft.

Mehr Gewicht – mehr Emissionen

Ihr Ergebnis wirft kein gutes Licht auf die Getränkekartons: „Sowohl bei Gewicht, Materialzusammensetzung und den recycelten Mengen, als auch beim Materialkreislauf entsprechen heutige Getränkekartons in keiner Weise ihrer Einstufung als ökologisch vorteilhaft“, heißt es in der neuen Studie.

So hat sich das Gewicht der Getränkekartons von durchschnittlich 26 Gramm pro Liter auf 35 Gramm erhöht – vor allem durch die Kunststoff-Schraubverschlüsse. „Damit ist die Verpackung knapp 35 Prozent schwerer geworden“, erklärt der DUH-Bereichsleiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. „Mit dem steigenden Gewicht werden mehr Ressourcen für die Herstellung benötigt und mehr CO 2 beim Transport ausgestoßen.“ Eine Studie der schwedischen Lebensmittelaufsicht zeigt, dass Verschlüsse die Klimaemissionen eines Getränkekartons um etwa 20 Prozent erhöhen. Für die Ökobilanz bedeutet dies ein klares Minus.

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Fast zur Hälfte aus Kunststoff

Noch gravierender ist der Wandel in der Materialzusammensetzung: Insgesamt hat sich der Plastikanteil von 21 auf heute durchschnittlich 27 Prozent erhöht. Einige Getränkekartons liegen aber weit darüber. So bestehen beispielsweise die Milchverpackungen von Bärenmarke und Weihenstephan sogar zu gut 46 Prozent aus Polypropylen, wie die DUH berichtet. Bei diesen Verpackungstypen wird sowohl der Boden als auch das komplette Oberteil aus Kunststoff gefertigt.

Ein anderer Verpackungstyp (Tetra Prisma Aseptic Square) besteht aus 41,2 Prozent Kunststoff, 5,5 Prozent Aluminium und lediglich 53,3 Prozent Karton. „Dem Kunden wird eine Kunststoffverpackung mit Papierüberzug als Getränkekarton verkauft – das ist absurd“, kritisiert Fischer.

Kaum Recycling

Und noch etwas zeigt die Studie: Die vermeintlich hohe Recyclingquote von bis zu 64 Prozent, die vor rund zwölf Jahren zur Befreiung der Getränkekartons von der Pflandpflicht beitrugen, ist offenbar ein Mythos. Auch die Angaben des Fachverbands Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel FKN, die noch 2012 von 71 Prozent Wiederverwertung ausgingen, stimmt nicht. Denn nach Analysen der Forscher wurden bei der Ermittlung der Recyclingquote wesentliche Verluste während des Recyclingprozesses nicht berücksichtigt, darunter Fehlsortierungen, Restfeuchte, Anhaftungen und die Verbrennung des Plastikanteils.

„Letztendlich finden nur 36,5 Prozent der Getränkekartons ihren Weg in neue Produkte“, heißt es in dem Bericht. Dieser wiederverwertete Anteil eignet sich jedoch nicht mehr für den Einsatz in Getränkekartons und kann nur noch für die Herstellung von Altpapier-Produkten mit geringeren Qualitätsansprüchen verwendet werden. Denn wegen der hohen Ansprüche an die Papierfasern in den Getränkeverpackungen werden dafür besonders lange Zellulosefasern verwendet, die vor allem aus schwedischem Birken-, Kiefern- und Fichtenholz stammen. Für die vermeintlich ökologischen Kartons werden diese langsam wachsenden Bäume abgeholzt.

„Verbraucher werden getäuscht“

„Getränkekartons sind eindeutig nicht ökologisch vorteilhaft. Wer etwas anderes behauptet, täuscht die Verbraucher!“, sagt der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Noch gelten die Getränkekartons nach § 3 der Verpackungsverordnung als ökologisch vorteilhafte Einweggetränkeverpackungen. Die DUH fordert angesichts der neuen Daten, dies aufzuheben und die Verpackungen künftig ebenfalls mit Pfand zu belegen. „Die bestehende Pfandpflicht für Einweggetränkeverpackungen muss auch für Getränkekartons gelten“, so das Fazit des Berichts. Dadurch würde deutlich mehr Material als bisher recycelt.

Der Bericht zur Ökobilanz der Getränkekartons zum Download (PDF)

Quelle: Deutsche Umwelthilfe

© natur.de – Nadja Podbregar
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