Rote Augen, Triefnase, Atemnot: Haarige Haustiere wie beispielsweise Katzen sind als mögliche Allergieauslöser gut bekannt. Für Tierfreunde mit Neigung zu allergischen Reaktionen gibt es aber angeblich eine sichere Alternative: Reptilien. Die nackten Schuppentiere haben kaum Potential, Allergien zu verursachen, heißt es. Möglicherweise ist dies auch einer der Gründe für die enorme Karriere dieser Wesen als Haustiere: Statistiken zufolge hat sich in Europa die Zahl der Haustier-Reptilien wie etwa Echsen, Schildkröten oder Schlangen in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Doch nun warnt ein Forscherteam der Veterinärmedizinische Universität Wien: Wenn Reptilienfreunde unter allergischen Reaktionen leiden, könnte dies durchaus im Zusammenhang mit ihrem Hobby stehen. Die Heuschrecken, die als Futter für Reptilien verwendet werden, können Allergien auslösen.
Die Atemnot kam mit der Bartagame
Grundlage der Erkenntnisse bildete der Fall eines Achtjährigen, der nach der Anschaffung einer Bartagame nächtliche Anfälle von schwerer Atemnot bekam. Bei einer ersten Diagnose wurde auf Pseudokrupp, eine Infektion der Atemwege, und starke Asthmaanfälle getippt. Doch der Allergologin Jensen-Jarolim kam schließlich der Verdacht, dass es am Reptilienfutter liegen könnte – den Heimchen, einer Heuschreckenart, die typischerweise an Reptilien verfüttert werden. Ein Allergietest (Prick-Test) und ein Nachweis spezifischer IgE Antikörper brachte schließlich Gewissheit: Heuschrecken-Allergene waren Auslöser der allergischen Reaktion bei dem Kind. Die Bartagame musste daraufhin gehen – anschließend verschwanden auch die Symptome.
Spitze eines Eisberges?
Jensen-Jarolim spricht von der Spitze eines Eisberges. „Selbst allergologisch erfahrene Kollegen könnten Insekten für die Reptilienfütterung als Ursache solcher allergischer Reaktionen übersehen. Das Thema der Heuschrecken-Allergie ist bis dato fast gänzlich unbekannt. Wir möchten mit unserer Publikation die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren. Es geht uns insbesondere um Tierhalter, um Angestellte in Zoofachhandlungen aber auch um Ärzte, die eine Frage nach Reptilienhaltung und zugehörigen Futtertieren routinemäßig in ihr Allergie-Diagnosegespräch aufnehmen sollten“, betont Jensen-Jarolim. Den Forschern zufolge könnten über die Reptilienhaltung hinaus auch Aquarianer betroffen sein: „In Fischfutter sind auch häufig Insekten verarbeitet“, sagt Jensen-Jarolim.
Beim Thema der immer beleibter werdenden Haustier-Reptilien sollte abschließend ein wichtiger Aspekt erwähnt werden: Ob Allergie hin oder her, aus Sicht des Naturschutzes ist darauf zu achten, sich nur Reptilienarten aus heimischen Nachzuchten zu beschaffen – wie beispielsweise Bartagamen. Wie auch bei Aquarienfischen gilt: Wildfänge von womöglich noch bedrohten Arten müssen tabu sein.
Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien