Die Gefahr, ins Wasser zu plumpsen, ist bei den Käfern der Gattung Stenus groß: Sie leben in der Nähe von Fluss- oder Seeufern und machen dort Jagd auf winzige Insekten. Wenn sie ins Wasser fallen, wären sie hier allerdings leichte Beute für andere Jäger, die sich wiederum auf dieses Jagdrevier spezialisiert haben: Mit ihren langen Beinen und speziell angepassten Füßen können sich die sogenannten Wasserläufer auf der Oberfläche rasant fortbewegen – die Oberflächenspannung trägt sie.
Doppelstrategie zur Flucht
Um den Klauen dieser Räuber zu entgehen, haben die Stenus-Käfer ein erstaunlich raffiniertes Fluchtverhalten entwickelt, berichten die Forscher um Hubert Motschmann von der Abteilung für Physikalische Chemie der Universität Regensburg. Wenn ein Käfer ins Wasser fällt, gibt er ein Sekret ab, das sich als Film über die Wasseroberfläche ausbreitet. Dieser Effekt wird Spreitung genannt. An der Front des sich ausbreitenden Films wird der Käfer mit teilweise hohen Geschwindigkeiten vorangetragen und kann sich so ans Ufer retten beziehungsweise vor einem herannahenden Räuber in Sicherheit bringen.
Doch wie die Forscher zeigen konnten, ist das nicht der einzige Effekt des Sekrets. Für Verfolger hat der Stenus-Käfer noch eine weitere Überraschung auf Lager: Die vom Käfer abgesonderte Substanz besteht aus den beiden Alkaloiden Stenusin und Norstenusin. Wie die Wissenschaftler berichten, hat das Gemisch dieser beiden stickstoffhaltigen organischen Verbindungen sogenannte grenzflächen-viskoelastische Effekte, die letztlich die Oberflächenspannung verringern. Dadurch verwandelt der Stenus-Käfer die Wasseroberfläche gleichsam in einen Sumpf für seine Verfolger: Die Wasserläufer kommen kaum mehr vorwärts und der Käfer hat einen weiteren Vorteil bei der Flucht ans rettende Ufer.
Quelle: Universität Regensburg