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Klimafreundlich leben: „Es gibt viele Ansatzpunkte“

Interview

Klimafreundlich leben: „Es gibt viele Ansatzpunkte“
Klima im Alltag
Öfter mal mit dem Rad zu fahren, schont das Klima (Foto: Kevin Keiner)
Um den Klimawandel noch irgendwie abzuwenden, müssen politische Entscheidungsträger, Energiekonzerne und Industrie was ändern. Aber nicht nur die – auch jeder Einzelne kann klimafreundlich leben. Wie, das erklärt Immanuel Stieß vom Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt am Main.

natur: Herr Stieß, Energie und Klimaschutz im Alltag heißt Ihr Forschungsschwerpunkt. Um was genau geht es dabei?

Wir beschäftigen uns beispielsweise mit der Frage „Wie kann Energie sparsamer und nachhaltiger genutzt werden?“ In unserer Forschung gehen wir von konkreten gesellschaftlichen Problemen aus, also zum Beispiel Klimawandel, Klimaanpassung oder Klimaschutz. Wir erarbeiten Ergebnisse, die auf solche Probleme anwendbar sind. Das nennen wir transdisziplinär. Damit gemeint ist ein Prozess, der sehr eng mit externen Partnern verknüpft ist. Für Klimaschutz beispielsweise das Energiereferat Frankfurt am Main, das für die kommunale Klimaschutzpolitik zuständig ist. Wir arbeiten ebenfalls eng mit Organisationen, Unternehmen und Initiativen zusammen, die solche Lösungen umsetzen können. Das hilft uns dabei, unsere Forschungsfragen so aufzustellen und zuzuspitzen, dass wir hoffentlich nützliche Ergebnisse erzielen. Also sozial-ökologisch und transdisziplinär – das sind die beiden Schwerpunkte.

Wie gehen Sie bei Ihren Forschungsfragen genau vor?

Wir gehen von der sozialwissenschaftlichen Seite ran und fragen uns „Wie klimafreundlich leben wir?“, „Welche Möglichkeiten haben wir Konsumenten, unseren Lebensstil zu verändern?“ und „Wie handeln Menschen klimafreundlich, oder auch nicht?“ Dann überlegen wir uns, was eine Stadt wie zum Beispiel Frankfurt am Main dafür tun kann, die ja selber Klimaschutzkonzepte hat und aktiv auch Klimapolitik betreibt. Wir geben Ratschläge, welche Themen eine Rolle spielen, wie eine Beratung aussehen kann und wie man klimafreundlich leben kann. In unserem gerade abgeschlossenen Forschungsprojekt „Klima-Alltag“ haben wir ganz konkret analysiert, was Städte wie Frankfurt oder München tun können, um Bürger und Bürgerinnen beim Thema Klimaschutz zu unterstützen – etwa über Energiesparberatungen oder Stromsparprämien.

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Wenn wir von den Bürgern sprechen – wie sehr beeinflusst unser Alltagsleben das Klima?

Wie wir uns im Alltag verhalten, hat großen Einfluss auf das Klima. Wenn man alles zusammennimmt, dann wird etwa die Hälfte der Treibhausgasemissionen in Deutschland direkt oder indirekt vom Verhalten und von den Konsumentscheidungen privater Haushalte beeinflusst. Das gilt nicht nur für das Rhein-Main-Gebiet, sondern für ganz Deutschland. In dem Projekt „Klima-Alltag“ zeigte sich für die Stadt Frankfurt, dass sich heute schon 20 Prozent der Einwohner in den Bereichen Energienutzung, Mobilität und Ernährung sehr klimafreundlich verhalten.

Was muss ich tun, um klimafreundlich zu leben?

Ansatzpunkte für klimafreundliches Verhalten gibt es viele. Zum Beispiel bei der Ernährung: 15 Prozent der Treibhausgasemissionen stehen in Zusammenhang mit Ernährung, das heißt, wenn man viel Fleisch isst und seinen Verbrauch um die Hälfte reduziert, dann spiegelt sich das auch positiv in der individuellen CO 2-Bilanz wider. Eine Studie des Öko-Instituts zeigt, dass man allein im Bereich Ernährung durch geringeren Fleischverzehr und den Kauf von Bio-Lebensmitteln eine halbe Tonne CO 2 pro Jahr einsparen kann. Schaut man auf den Lebensbereich Wohnen, dann ließe sich allein mit dem Wechsel zu Ökostrom der Verbrauch von CO 2 um eine halbe Tonne oder mehr pro Person und Jahr reduzieren.

 

Immanuel Stieß

 

 

Immanuel Stieß

forscht seit vielen Jahren am ISOE zu Potenzialen und Hemmnissen für nachhaltige und CO 2-arme Lebensstile und Alltagspraktiken.

(Foto: Kevin Keiner)

 

Wie soll man sich beim Thema Mobilität verhalten?

Hier gilt zum Beispiel für den Weg zum Arbeitsplatz, dass die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs, oder des Fahrrads natürlich klimafreundlicher ist als ist die Fahrt mit dem Auto. Bemerkenswert ist auch, dass Haushalte, die sich ansonsten sehr klimafreundlich verhalten – in Sachen Einkauf und Wohnen sowie Fortbewegung im Alltag – durch Flugreisen ihre CO 2 Bilanz deutlich verschlechtern. Und noch etwas zeigte sich: Jugendliche fliegen heute viel häufiger als noch vor zehn Jahren, nicht zuletzt auch deswegen, weil Flugtickets viel billiger geworden sind.

Sie führen zahlreiche Umfragen durch und stellen Statistiken auf. Welche Ergebnisse haben Sie bislang zusammengetragen?

Bei der Studie die wir für die Stadt Frankfurt gemacht haben, haben wir uns insbesondere einen Ausschnitt angeschaut, nämlich das Alltagsverhalten der Bevölkerung. Nicht alle Emissionen entstehen im privaten Haushalt. Bei Energienutzung kann ich wählen, nehme ich Ökostrom oder nicht. Ich kann natürlich auch weniger Strom verbrauchen. Heizenergie spielt eine große Rolle. Also all das sind Bereiche in denen das eigene Verhalten Auswirkungen auf den CO 2-Ausstoß hat. Ernährung ist ein weiteres Feld. Wenn man das alles zusammennimmt, hat man da 40 bis 50 Prozent der Treibhausgasemissionen, die vom Verhalten abhängig sind.

Das Gespräch führte Talha Mohammad.


mainrheineskllima-logo.jpg„Main Rheines Klima“
sind 15 junge Menschen, neugierige Wissenschaftsjournalisten, die das flüchtige Thema Klimawandel ein Semester lang aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Sie fragen nach, wie sich unser Lebensraum, das Rhein-Main-Gebiet, in den nächsten Jahren wandelt – mit einem ziemlich flauen Gefühl im Magen. Denn noch ist ungewiss, wie und wie sehr sich dieser Lebensraum verändern könnte.

 

Das Interview ist auch auf mainrheinesklima.com erschienen.

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