Der Nahe Osten gehört zu den Regionen der Erde, in denen sich der Klimawandel mit am deutlichsten bemerkbar macht: Seit dem Jahr 1900 sind dort die Durchschnittstemperaturen um ein bis zwei Grad Celsius angestiegen, gleichzeitig nahmen die Niederschläge um rund zehn Prozent ab. Schon länger befürchten Forscher daher, dass sich dadurch in der ohnehin schon wasserarmen Region Wasserkonflikte verschärfen könnten.
Ausbeutung der Wasserressourcen
Ob das Klima auch eine Rolle für den Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 spielte, haben Colin Kelley von der University of California in Santa Barbara und seine Kollegen nun untersucht. Anhand von Klimadaten, Modellen und Informationen zur Landwirtschaft und Politik der Region rekonstruierten sie die Vorgeschichte des Krieges.
Schon in den Jahren vor dem Krieg sorgten fatale Fehlentscheidungen dafür, dass vor allem der Nordosten Syriens – der „Brotkorb“ des Landes – immer anfälliger für Dürren wurde. Denn trotz zunehmender Wasserknappheit ließ die Regierung die Landwirtschaft intensivieren. Weil es in vielen Gegenden nicht genügend Regenwasser gab, um die Felder zu versorgen, wurden zusätzliche Brunnen gebohrt. Das jedoch führte zu einer Übernutzung der Grundwasserreserven, Gewässer versiegten und Brunnen fielen trocken. In vielen Gebieten war der Regen nun die einzige Wasserquelle.
Rekorddürre als Folge des Klimawandels
Im Winter 2006/2007 begann dann eine drei Jahre anhaltende Rekorddürre: Sie war die schwerste und langanhaltendste in dieser Region seit Beginn der Klimaaufzeichnungen. „Es ist unwahrscheinlich, dass diese Dürre ohne den Klimawandel so extrem geworden wäre“, sagen die Forscher. Wie sie in ihrer Studie nachweisen, ist eine solche Trockenperiode durch den anthropogenen Einfluss inzwischen doppelt so wahrscheinlich wie noch vor 100 Jahren.
Die Folgen waren verheerend: Durch Dürre und Wassermangel brach die Landwirtschaft im Nordosten des Landes komplett zusammen. „Innerhalb eines einzigen Jahres stiegen die Preise für Weizen, Reis und Futtermittel um mehr als das Doppelte“, berichten die Forscher. „Die Dürre vernichtete fast alle Viehherden.“ Statt den Bauern zu helfen, hatte Bashar al-Assad zudem Subventionen gekürzt, was die Krise noch verschärfte.
Landflucht verschärft schwelende Probleme
Bis zu 1,5 Millionen Syrier wurden durch die Dürre aus den ländlichen Gebieten vertrieben und flüchteten in die Städte. Dort verstärkte dieser Flüchtlingsstrom die Probleme, die schon durch die zwischen 2003 und 2007 eingewanderten Flüchtlinge aus dem Irak begonnen hatten: „Überfüllung, schlechte Infrastruktur, Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Korruption wurden durch das Assad-Regime ignoriert und verstärkten sich“, schildern Kelley und seine Kollegen die Situation.
Nach Ansicht der Forscher war die Dürre damit letztlich der Katalysator, der den Konflikt eskalieren ließ. „Wir sagen damit nicht, dass die Dürre allein den Krieg verursacht hat“, betont Koautor Richard Seager von der Columbia University in New York. „Aber wir sagen, dass sie dazu beitrug, die Probleme zu einem offenen Konflikt zu verschärfen.“
Und eine weitere Verschärfung der klimatischen Bedingungen ist bereits absehbar: Klimamodelle sagen für den östlichen Mittelmeerraum eine weitere Zunahme von Hitze und Trockenheit voraus – keine guten Aussichten für den notorisch konfliktträchtigen Nahen Osten.
Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1421533112