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Kuh und Kalb: Kritische Isolation für die Milchproduktion

Trennung mit Folgen

Kuh und Kalb: Kritische Isolation für die Milchproduktion
Kuh-Kalb-Idylle? Fehlanzeige! Damit eine Kuh zur „Milchfabrik“ werden kann, muss sie Kälber bekommen, doch die werden ihr meist sofort weggenommen. Forscher belegen nun, dass diese frühe Trennung bedenkliche Effekte auf das Tierverhalten hat.

Kuh und Kalb in glücklicher Zweisamkeit auf einer Bergwiese – mit solch idyllischen Vorstellungen locken Werbespots, doch die reale Milchviehladung sieht in der Regel ganz anders aus: Die Produktionsleistung steht im Vordergrund und der steht tierisches Mutterglück offenbar im Weg: Kälber von Milchkühen werden üblicherweise wenige Stunden nach der Geburt von ihren Müttern getrennt. Die natürliche Mutter-Jungtier-Beziehung kann somit nicht entstehen. Tränkeautomaten übernehmen stattdessen meist die Rolle der Kuh und versorgen das Kalb mit Ersatznahrung. Nach einigen Tagen oder Wochen in Einzelhaltung kommen die Jungtiere dann in Kälbergruppen zusammen.

Was frühe Trennung auslöst

Die Forscher um Susanne Waiblinger vom Institut für Tierhaltung und Tierschutz versuchen bereits seit einiger Zeit herauszufinden, welche Folgen dieses unnatürliche Verfahren auf die Tiere hat. „Aus Forschungsarbeiten mit verschiedenen Tierarten wissen wir, dass sich die frühe soziale Umgebung auf das Verhalten, die Stress-Reaktivität und die Fähigkeit, mit Herausforderungen umzugehen, auswirkt“, erklärt Waiblinger. Eine früher publizierte Teilstudie der Forscher hat bereits belegt, dass Rinder, die mit Müttern aufgewachsen sind, beim Eintritt in eine Herde eine höhere soziale Kompetenz mitbringen, als mutterlos aufgezogene Vergleichstiere. Die Resultate der aktuellen Studie bestätigen und erweitern nun diese Ergebnisse.

Im Rahmen der Studie untersuchten die Forscher insgesamt 26 Kühe mit unterschiedlichen Aufzuchterfahrungen. Elf Tiere wurden gleich nach der Geburt von der Mutter getrennt, über einen Tränkeautomat gefüttert und in eine Kälbergruppe integriert. Die 15 restlichen Tiere durften hingegen fünf Tage lang eine Beziehung zur Mutter aufbauen. Danach kamen auch diese Kälber in die Kälbergruppe. Neun von ihnen durften aber zweimal täglich zur Mutter, die restlichen sechs konnten jederzeit zwischen Kuhherde und Kälbergruppe wechseln. Um herauszufinden, wie sich die unterschiedlichen Aufzuchtsverfahren auf das Verhalten der Tiere in Stresssituationen auswirken, führten die Forscher mit ihnen Test in der Form von Isolation durch.

Kontakt führt zur Entwicklung natürlichen Verhaltens

Die Auswertungen des Verhaltens der Tiere in den für sie unangenehmen Isolationsboxen zeigten: Mit Mutter aufgezogene Kälber, vor allem diejenigen, die ständig Kontakt zu ihren Müttern und zur Herde hatten, gingen aktiver mit der Isolationssituation um: Sie bewegten sich insgesamt mehr in der Box und erkundeten ihre Umgebung vergleichsweise intensiv. Mutterlos aufgezogene Rinder verhielten sich hingegen eher resigniert. Dies deutet darauf hin, dass eher natürlich aufgewachsene Rinder motivierter sind, zur Herde zurückzukehren und Stresssituationen aktiver bewältigen können, erklären die Forscher.

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Zusätzlich zu denn Verhaltensbeobachtung führten sie auch Untersuchungen zu den körperlichen Reaktionen der Versuchstiere durch. Es zeigte sich: Rinder, die mit ihren Müttern aufgewachsen waren, zeigten während der Isolation zwar die höchsten Werte des Stresshormons Kortisol, die gemessene Herzfrequenz war bei diesen Tieren jedoch am niedrigsten. Waiblinger erklärt dies so: „Es gibt grundsätzlich verschiedene Reaktionstypen. Manche Tiere reagieren in Stresssituationen eher mit erhöhtem Herzschlag, andere produzieren eher Kortisol. Es könnte sein, dass die unterschiedlichen Aufzuchtformen auch unterschiedliche Reaktionstypen hervorbringen.“

Die Forscher kommen zu dem Fazit: Kontakt zur Mutter und anderen Kühen macht Rinder sozial kompetent und gesellig – führt also zur Entwicklung eines gesunden und natürlichen Verhaltens und Empfindens. „Wir müssen in Zukunft noch mehr darüber nachdenken, ob ein sozial sehr eingeschränktes frühes Umfeld die ideale Haltungsform darstellt“, plädiert Waiblinger.

Quelle: Mitteilunng der Veterinärmedizinische Universität Wien

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