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Landkampf in Botswana

Wie der afrikanische Staat gegen die Buschleute vorgeht

Landkampf in Botswana
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Die Regierung von Botswana meint es nicht gut mit den Buschleuten. Seit in deren Stammesgebiet ein Diamantenvorkommen entdeckt wurde, versucht der Staat die Menschen los zu werden. Die Volksgruppe wurde deportiert, ihre Brunnen zugeschüttet, das Land abgeschottet. Doch die Buschleute setzen sich zur Wehr. Ein Gastkommentar von Sarah Gilbertz von Survival International

Doch in den frühen 80er Jahren wurden Diamanten im Reservat entdeckt. Bald darauf teilten Regierungsbeamte den Buschleuten mit, dass sie das CKGR verlassen müssten. In drei großen Räumungen in den Jahren 1997, 2002 und 2005 wurden praktisch alle Buschleute aus dem Reservat vertrieben. Ihre Häuser wurden abgerissen, Schulen und Krankenstationen geschlossen, die Wasserversorgung zerstört und die Menschen unter Androhungen abtransportiert.

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„Wenn ich zu einem Minister gehen und ihn auffordern würde, von seinem Land zu verschwinden, würde er mich für verrückt erklären“, sagt ein Mann der Buschleute. „Dies ist mein Zuhause. Die Regierung sagt, wir müssen weg von hier, aber ich weiß nicht wohin“, erklärt eine Frau während den Räumungsaktionen. „Ich wurde hier geboren, genau wie meine Eltern. Dies ist mein Zuhause und ich kann sonst nirgendwo hingehen.“

In den Umsiedlungslagern außerhalb des Reservats erwarteten die Buschleute erschreckende Lebensbedingungen. Während sie im Reservat ihre Familien durch Jagen und Sammeln ernährt hatten, waren sie nun plötzlich von den Lebensmittelzuweisungen der Regierung abhängig. Alkoholismus, Depressionen und Krankheiten wie Tuberkulose und HIV/Aids breiteten sich in den Lagern aus. Die Buschleuten nennen sie deshalb „Orte des Todes“.

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S_BOTS-BUSH-2011-RS-HR-216.jpgFür die Buschleute hätte die gewaltsame Vertreibung aus ihrem Zuhause den Zusammenbruch ihrer gesamten Gesellschaft bedeuten können – und das Vergessen ihrer Mythen, Rituale und Erinnerungen. Doch die Buschleute entschieden sich dafür, ihr Land nicht kampflos aufzugeben: Sie klagten gegen die Regierung Botswanas.

2002 zogen sie vor Gericht und forderten, dass die Vertreibung aus dem CKGR als unrechtmäßig erklärt werde. Obwohl die Buschleute die ärmsten Einwohner Botswanas sind, wurde der Prozess der längste und teuerste in der Geschichte des Landes. Durch großzügige Spenden aus aller Welt konnte Survival International die Buschleute unterstützen. Am 13. Dezember 2006 gelang, was viele für unmöglich gehalten hatten: Sie gewannen den Prozess gegen die botswanische Regierung. Die Richter entschieden, dass ihre Vertreibung „unrechtmäßig und verfassungswidrig“ gewesen war. Die Buschleute hätten das Recht, auf ihr angestammtes Land zurückzukehren. Das Gericht entschied außerdem, dass sie dort jagen, sammeln und das Reservat ohne Genehmigung betreten dürfen.

„Wir alle lachen und tanzen“, freut sich ein Mitglied der Buschleute nach der Urteilsverkündung. „Wir sind so glücklich, dass wir endlich wieder frei sind und auf unser geliebtes Land zurückkehren können, das Land unserer Vorfahren. Die Tiere warten auf uns. Unsere Vorfahren wachten über uns. Wir sind sehr glücklich.“

S_BOTS-BUSH-AB-1584.jpgObwohl die Regierung erklärte, dass sie die Gerichtsentscheidung nicht anfechten werde, gestaltet sie den Buschleuten die Rückkehr auf ihr rechtmäßiges Land so schwierig wie möglich. Man ließ Brunnen versiegeln und verwehrte so den Zugang zu frischem Wasser – und nahm willentlich in Kauf, das die Menschen verdursten. Xoroxloo Duxee, eine Angehörige der Buschleute, starb an Dehydration, weil ihr Brunnen zugeschüttet worden war. Gleichzeitig erlaubte die Regierung dem Tourismusunternehmen Wilderness Safaris, eine Touristenlodge im Reservat zu eröffnen.

Erneut zogen die Buschleute vor Gericht. Erst im Januar 2011 entschied das Berufungsgericht, dass sie ihre alten Brunnen wieder nutzen und auch neue im Reservat anlegen dürfen.

bots-bush-rg-86_original_S.jpgBis heute versucht die Regierung die Buschleute am Jagen zu hindern, indem sie keine Jagdlizenzen ausstellt. Die Menschen ernähren mit der Jagdbeute aber ihre Familien. Mehr als 50 Angehörige der Volksgruppe, die trotzdem auf die Jagd gingen, wurden festgenommen, einige von ihnen misshandelt und geschlagen. Zudem zwingt die Regierung die Buschleute, eine Zutrittsgenehmigung für das Reservat zu beantragen, die für die Dauers eines Monats gültig ist. Als die Buschleute 2013 ein drittes Mal vor Gericht zogen, um sich den freien Zugang zu ihrem Land zu erstreiten, verweigerte die botswanische Regierung kurzerhand deren Anwalt, dem britischen Menschenrechtler Gordon Bennett, die Einreise.

Während die Menschen hungern, wirbt die Tourismusbehörde mit Hochglanzfotos jagender Buschleute für Urlauber. Und buhlt um die Besucher mit dem Versprechen, man werde die Erfahrung machen, „durch wirklich unberührte Wildnis zu reisen“. Von der tatsächlichen Lebenssituation der Volksstämme ist keine Rede.

Survival International unterstützt die Buschleute beim Kampf um ihr angestammtes Land und ruft Urlauber auf, angesichts der Menschenrechtslage in Botswana nicht dorthin zu reisen. Wie Sie die Buschleute unterstützen können, erfahren Sie hier.

Sarah Gilbertz, Survival International

Sahra-Gilbertz.jpgZur Autorin
Sarah Gilbertz hat in Trier Medienwissenschaft und Germanistik studiert. Nach einem Aufenthalt als Volontärin in Indien hat sie Survival International zunächst als Freiwillige unterstützt. Bei Survival arbeitet sie heute in London als Press Assistant und koordiniert die europäischen Büros.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotos: Survival International

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