Wer dieser Tage auf dem Land spazieren geht, kann nicht nur die frische Winterluft genießen. Häufig lassen sich jetzt ungewöhnliche Vögel auf Feldern und an Waldrändern beobachten. Denn im Winter bekommen Spatzen, Meisen und Co. in Deutschland ungewöhnlich viel Gesellschaft. Viele Gastvögel aus dem hohen Norden suchen bei uns Zuflucht vor Eis und Schnee.
Wintergäste aus dem Norden
So kommen in diesem Jahr beispielsweise ganze Scharen von bunt-schillernden Seidenschwänzen aus Nordosteuropa zu uns. Der Grund dafür ist die aktuelle Futterknappheit in ihren Heimatländern. Doch nicht nur der Seidenschwanz sucht bei uns Nahrung, auch andere Wintergäste wie Birkenzeisig und Bergfinken wollen bei uns satt werden.
Leider ist der Tisch auf unseren winterlichen Feldern aber alles andere als reich gedeckt: Wenn im Herbst die letzten Mais- und Zuckerrübenfelder geerntet sind, dominiert der karge Acker: Seidenschwanz & Co. finden weder Samen noch Larven als Futter. „Seitdem auf den Feldern immer mehr Mais zur Stromgewinnung in Biogasanlagen angebaut wird, gibt es immer weniger Flächen, auf denen die Wintergäste Nahrung finden“, sagt Uta Hennig von der Deutschen Wildtier Stiftung.
Wildpflanzen statt Mais
Doch Vogelfutter auf der einen und Strom aus Biomasse auf der anderen Seite müssen sich nicht ausschließen: Wenn die Bioenergie statt in Maismonokulturen in Form von Wildpflanzen auf dem Acker wächst, tut dies dem Klima gut und hilft den Wildvögeln. Fenchel, Steinklee, Wilde Möhre und Malve – als Biomasse vergoren und in Biogasanlagen zu Strom umgewandelt – lassen unsere Lichterketten leuchten und helfen den Tieren über den Winter.
Denn nach der Ernte im Spätsommer sind die Wildpflanzen bereits im November wieder kniehoch gewachsen und bieten Unterschlupf für unsere ackerbewohnende Vogelfauna wie Rebhuhn, Grauammer oder Bluthänfling. Die Vögel aus dem hohen Norden und unsere heimischen Wildtiere finden auf solchen Wildpflanzenflächen genug zu Knabbern und ein geschütztes Plätzchen für kalte Tage.
In den im Winter abgestorbenen Stängeln der staudigen Pflanzen leben Insekten und Spinnen und ihre Eier und Larven. Das wiederum bietet weiteren Vogelarten wie dem Stieglitz und dem Neuntöter eine wichtige Nahrungsquelle, die sich bis zu unseren Vögeln aus dem hohen Norden rumspricht, die jährlich voller Eifer hier nach Nahrung suchen.
Mehr Förderung nötig
Bisher allerdings ist der Anbau von Wildpflanzen für Landwirte deutlich weniger lukrativ als der Maisanbau. Eine finanzielle Unterstützung für den Anbau von Wildpflanzen und deren Nutzung in Biogasanlagen könnte hier aber einen Ausgleich schaffen. „Statt Agrarsubventionen per Gießkanne sollte der Wildpflanzenanbau gezielt gefördert werden, damit sich Naturschutz finanziell für den Landwirt auch lohnt“, sagt Uta Hennig von der Deutschen Wildtierstiftung. Am Ende würden Mensch und Tier profitieren, wenn mehr Wildpflanzen-Power aus der Steckdose kommt.
Quelle: Deutsche Wildtier Stiftung