Reiher, Ibis und Co investieren viel Arbeit in die Aufzucht ihrer Jungen – so ist es natürlich eine Katastrophe, wenn ein Waschbär schließlich ihre Küken vernascht. Um dies möglichst zu vermeiden, haben die Vögel der Everglades eine raffinierte Strategie entwickelt: Sie bauen ihre Nester dort, wo besonders viele Alligatoren durchs Wasser patrouillieren.
Profitieren auch die Reptilien?
Für die langbeinigen Vogelarten sind diese Räuber kaum eine Gefahr, für andere Tiere hingegen schon: Versucht ein Waschbär oder ein Opossum das Wasser zu durchqueren, um an die Küken zu gelangen, droht das Ende im Alligatorenmaul. Deshalb meiden diese Nesträuber die „bewachten“ Vogelkolonien. Der Vorteil für die brütenden Vögel liegt somit auf der Hand – doch bisher war unklar, ob eigentlich auch die Reptilien von ihren „Diensten“ profitieren.
Um dieser Frage nachzugehen, haben die Forscher um Lucas Nell von der University of Florida in Gainesville nun den körperlichen Zustand von 20 „Bodyguard-Alligatoren“ mit 20 Artgenossen verglichen, die nicht im Gebiet einer Vogelkolonie leben. Sie entnahmen den Tieren dazu Blutproben und erfassten weitere körperliche Parameter, in denen sich der Ernährungszustand widerspiegelt. Ergebnis: Die Alligatoren, die im Bereich von Vogelkolonien lebten, waren deutlich kräftiger und wohlgenährter als die Vergleichstiere, obwohl alle anderen Lebensumstände gleich waren.
„Überschuss-Küken“ werden geopfert
Doch was ist die zusätzliche Nahrungsquelle? Den Forschern zufolge sind es wahrscheinlich die „Überschuss-Küken“. Watvögel legen in der Regel mehr Eier, als sie Küken großziehen können. Die Konsequenz: Die schwächsten Küken werden aus dem Nest geschubst, damit die Zahl passt. Diese Jungtiere landen dann in den Mäulern der Alligatoren, erklären die Wissenschaftler.
Den Forschern zufolge zeichnet sich damit ab: Es handelt sich um eine klare Win-Win-Beziehung zwischen den Alligatoren und den Vögeln. Nicht nur in den Everglades könnte diese Verknüpfung vorliegen, sagen Nell und seine Kollegen. Auch in anderen tropischen Regionen, in denen Krokodilarten im Zusammenhang mit Watvögeln vorkommen, könnte die kuriose Bodyguard-Allianz existieren. Ihr kommt demnach möglicherweise eine beachtliche ökologische Bedeutung zu.
Quelle: PLOS