Einige Insekten, Fische oder etwa die berühmten Pfeilgiftfrösche haben mit Tarnung nichts im Sinn, sie nutzen stattdessen die gegenteilige Strategie: Ihre auffälligen Farben und Muster sollen potenziellen Räubern klar machen: Ein Angriff lohnt sich nicht, denn ich bin giftig. Aposematismus heißt das Fachwort für diese weitverbreitete Strategie im Tierreich.
Auch die Gruppe der sogenannte Tigermotten (Arctiinae) nutzen dieses Konzept – viele Arten sind kunterbunt und auffällig gezeichnet. Ihre Raupen nehmen beim Fressen Giftstoffe aus Pflanzen auf, die sie auch als erwachsene Falter noch ungenießbar machen. Tagsüber vermitteln sie dies Vögeln und Säugetieren durch die Warnfarben, doch gegen die nächtlichen Attacken von Fledermäusen sind diese visuellen Signale nutzlos. Denn diese Räuber nutzen nur Ultraschall zur Orientierung und zum Beutefang.
Warnbotschaft doppelt vermittelt
Es war bereits bekannt, dass Tigermotten ein spezielles Organ besitzen, mit dem sie selbst Ultraschalllaute erzeugen können: Durch extrem schnelle Muskelkontraktionen werden diese sogenannten Tympanalorgane so verformt, dass dieser Soundeffekt entsteht. Forscher der Wake Forest University in Winston-Salem haben durch Untersuchungen nun erstmals an wildlebenden Motten und Fledermäusen dokumentiert, dass die Laute eine Form des akustischen Aposematismus darstellen: Sie schrecken Fledermäuse ab.
Für ihre Studie untersuchten sie die Tigermottenarten Pygarctia roseicapitis und Cisthene martini im Zusammenhang mit jagenden Fledermäusen. Bei einem Teil der Insekten blockierten die Forscher die Tympanalorgane, so dass sie keine Laute mehr erzeugen konnten. Es zeigte sich: Stumme Motten wurden fast doppelt so häufig von Fledermäusen attackiert wie Laut-produzierende. Auswertungen von Kamerarufnahmen der nächtlichen Aktionen zeigten zudem, dass die Fledermäuse „schreiende“ Motten aktiv meiden. Damit scheint klar: Der Ton ersetzt in der Nacht die Botschaft der Farbe am Tag.
Den Forschern zufolge handelt es sich bei dem Konzept um eine clevere Alternative zu den aufwendigen Ausweichmanöver, die viele andere Mottenarten bei Angriffen von Fledermäusen vollführen. Zu schreien „ich bin giftig“ ist möglicherweise energetisch sparsamer, sagen die Biologen.
Quelle: Wake Forest University