Während die Politiker beim UNO-Klimagipfel in Peru um verbindliche Ziele für den Ausstoß von Treibhausgasen ringen, blicken Klimaforscher der University of Exeter besorgt auf das Meer. Die Strömungen und Zirkulationen, die sich durch unserer Weltmeere ziehen, tragen entscheidend zur Entwicklung des Klimas auf der Erde bei. Bekannt ist zum Beispiel der Golfstrom, doch er ist nicht allein. Die atlantische meridionale Umwälzbewegung etwa, besser bekannt als AMOC ist eine der wichtigsten Wasserbewegungen. Wie ein riesiges Förderband zieht sie sich durch den Atlantik und transportiert die Wärme aus den Tropen in die Nordhalbkugel. In einer Simulation basierend auf einem komplexen Modell der heute existierenden Meeresströmung stellten die Wissenschaftler fest, dass ein „Abschalten“ diese natürlichen Wärmetransport enorme Auswirkungen auf die Temperatur hätte – wie erwartet. Doch sie fanden in ihrem Modell auch frühe Warnzeichen, die einen solchen Kollaps bis zu 250 Jahre vorher ankündigen.
AMOC wird im Wesentlichen durch den Salzgehalt und die Temperatur des Meeres beeinflusst. Ein mögliches Szenario wäre, dass mehr kaltes Frischwasser in den Nord Atlantik strömt und so die Zirkulation unterbindet. Die Oberflächentemperatur in diesem Teil des Ozeans würde sich um ein bis drei Grad Celcius abkühlen, in den am stärksten betroffenen Regionen ist mit einer Abkühlung von bis zu acht Grad zu rechnen. Dieser sogenannte Kollaps würde aber nicht nur die Gegend um den Nordatlantik beeinflussen, sondern auch die Sahel-Zone. Dieser Gegend südlich der Sahara würde verstärkt unter Dürren leiden. Und schließlich sagen die Wissenschaftler für Europa und Nordamerika Schwankungen des Meeresspiegels um bis zu 80 Zentimeter voraus.
Doch die eigentliche Entdeckung des Teams ist, dass dieses düstere Szenario nicht über Nacht über uns hereinbricht. „Wir fanden heraus, dass die natürlichen Fluktationen in der Zirkulation langlebiger werden, je näher der Kollaps kommt“, erklärt Chris Boulton, der Hauptautor der Studie. Er nennt dieses Phänomen „kritische Verlangsamung“, für ihn eines der wichtigsten Anzeichen. Ob diese frühen Hinweise es den Menschen einmal ermöglichen, eine derartige Klimaveränderung zu verhindern, ist ungewiss. Doch vorbereitet zu sein, ist immer besser, als überrascht zu werden, glauben die Autoren. „Wir wissen nicht, wie nahe wir an einem solchen Zirkulationskollaps sind“, sagt Tim Lenton, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. „Aber ein Frühwarnzeichen in der realen Welt zu erkennen, könnte uns zumindest helfen, uns auf die Konsequenzen vorzubereiten.“
Die gute Nachricht: Die meisten Warnzeichen, die die Forscher im Modell entdeckten, betreffen Daten und Eigenschaften der Strömungen, die heute schon intensiv untersucht werden. Die Chancen stehen also gut, dass wir vorgewarnt sind, bevor AMOC der Nordhalbkugel die Heizung abdreht.
Quelle: Chris A. Boulton, Lesley C. Allison, Timothy M. Lenton. Early warning signals of Atlantic Meridional Overturning Circulation collapse in a fully coupled climate model . Nature Communications, 2014s.
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