Eigentlich wollten Björn Rulik vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn und sein Kollege Kai Heller vom German Barcode of Life (GBOL) Projekt nur die Artenvielfalt im Museumsgarten in Bonn erfassen. Zwar ist die Artenvielfalt in dieser mitten in Bonn liegenden Grünfläche recht gut untersucht – so dachte man jedenfalls – die Bestandsaufnahme sollte aber dazu beitragen, die genetische „Nationalbibliothek“ aller Tiere, Pflanzen und Pilze in Deutschland zu vervollständigen. Dafür stellten die Biologen eine sogenannte Malaise-Falle auf, eine Netzfalle, die automatisiert fliegende Insekten fängt.
Überraschender Fang
Als die Forscher den Falleninhalt auswerteten und die Insekten sowohl optisch als auch mittels DNA-Analysen untersuchten, entdeckten sie Überraschendes: Einige der ins Netz gegangenen Trauermücken gehörten keiner der bekannten Arten an. „Wir waren über den Fund dann doch ziemlich verblüfft“, berichten Rulik und Heller über die Entdeckung.
Die neue, mit ihrer kontrastreichen Färbung auffallend hübsche Art unterscheidet sich signifikant sowohl von den drei anderen, bisher bekannten europäischen Arten der Gattung als auch von zahlreichen außereuropäischen Spezies. Die Unterschiede betreffen sowohl die äußeren Merkmale als auch den mit modernen molekularen Methoden erfassten DNA-Barcode. Zu Ehren und im Gedenken an den Gründer des Museums tauften die Forscher die neue Art auf den Namen Ctenosiara alexanderkoenigi.
Wahrscheinlich eingeschleppt
Die nur wenige Millimeter kleinen Trauermücken sind für den Menschen harmlos und stechen nicht. Lästig werden sie nur, wenn es in feuchter Blumenerde zu Massenvorkommen kommt, denn die Larven der Trauermücken ernähren sich bevorzugt von Pflanzenwurzeln. Die angefressenen Wurzeln schwächen die Pflanzen. Durch die befallenen Stellen der Wurzeln können zudem Krankheitserreger in die Pflanze eindringen und sie schädigen.
Die Forscher vermuten, dass die neue Mückenart nach Deutschland eingeschleppt wurde. Denn die bisher bekannten Vertreter dieser Gattung kommen vor allem in der australasiatischen Region vor. „Noch wissen wir nicht sicher, ob die Art mit Pflanzen oder Erde aus der südlichen Hemisphäre hierher eingeschleppt wurde“ erläutert Rulik. Doch wäre die Art schon länger in Deutschland zuhause, wäre sie ziemlich sicher schon bekannt. „Noch ist auch völlig unklar, ob die Population dauerhaft in Deutschland vorkommen kann“ ergänzt Heller.
Quelle: Stiftung Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig, Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere, Fachartikel: Biodiversity Data Journal, doi: 10.3897/BDJ.4.e6460