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Ostsee: Ölpestgefahr steigt

Schiffsverkehr

Ostsee: Ölpestgefahr steigt
Finnischer Meerbusen
Der Finnische Meerbusen - hier verkehren besonders viele Öltanker (Foto:NASA/GSFC)
Bisher ist die Ostsee in puncto Ölpest noch eher glimpflich davon gekommen. Doch das könnte sich schnell ändern. Denn im Finnischen Meerbusen ist das Risiko für eine Tankerkollision in den letzten Jahren um das Vierfache gestiegen. Schuld ist vor allem der starke Schiffsverkehr auf den Routen von und nach Russland.

Der Finnische Meerbusen ist einer der am stärksten befahrenen und gleichzeitig riskantesten Wasserwege überhaupt. Hier manövrieren jährlich Tausende von Öltankern durch das flache, von unzähligen Untiefen und Inselchen durchzogene Gewässer. Viele Schiffsrouten kreuzen sich im Zentrum des Meerbusens, was die Gefahr von Kollisionen zusätzlich erhöht. Und im Winterhalbjahr kommen Dunkelheit und Eisbedeckung erschwerend hinzu.

Hochgefährdetes Meeresgebiet

„Die Wahrscheinlichkeit für eine Ölpest im Finnischen Meerbusen ist höher als bei den meisten anderen Meeresgebieten“, erklärt Annukka Lehikoinen von der Universität von Helsinki. „Es ist im Grunde ein Wunder, dass wir bisher noch keine größeren Ölunfälle erlebt haben.“ Dies gilt vor allem angesichts der enormen Menge an Öl, die per Schiff durch diese Ostseeregion transportiert werden: Allein ein Drittel der russischen Ölexporte – rund 160 Millionen Tonnen pro Jahr – werden per Tanker über diese Meeresregion abgewickelt.

Kommt es zu einer Tankerkollision, dann wären die Folgen dramatisch. Denn diese Region der Ostsee ist ökologisch besonders sensibel. Allein im finnischen Teil des Meerbusens leben 70 Tier- und Pflanzenarten, die von der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) als gefährdet oder vom Aussterben bedroht eingestuft werden. „In dem sensiblen, brackigen Ökosystem des Golfs von Finnland hätte eine Ölpest schwere und langanhaltende Konsequenzen“, so Lehikoinen und ihre Kollegen.

Wie hoch ist das Risiko?

Aus diesem Grund forschen Wissenschaftler schon seit längerem an Möglichkeiten, das Risiko für Tankerunfälle und -kollisionen und den Nutzen verschiedener Vorbeugungsmaßnahmen genauer zu ermitteln. Lehikoinen und ihre Kollegen haben nun ein neues Modell aufgestellt, das aufzeigt, wie das Risiko für eine Ölpest nach einer Tankerkollision bei steigendem Schiffsverkehr ansteigt.

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„Unser Modell ist das erste, das die gesamte Kausalkette von zukünftigen Schiffsrouten über die Kollision und die resultierende Ölpest bis hin zur Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen aufschlüsselt“, so die Forscher. Der große Vorteil dieses Ansatzes liege darin, dass man so besser vergleichen könne, wie sich das Risiko durch Veränderung eines oder mehrerer Faktoren ändert.

Eine Ölpest alle 24 Jahre

Das wenig beruhigende Ergebnis: Durch den steigenden Schiffsverkehr könnte sich das Risiko einer Tankerkollision mit folgender Ölpest seit 2007 um das Vierfache erhöht haben. Eine Kollision wäre demnach inzwischen statistisch gesehen alle fünf Jahre fällig, eine daraus resultierende Ölpest alle 24 Jahre, wie die Forscher berichten. Besonders gefährdet sind dabei die Meeresgebiete vor Helsinki und vor Sankt Petersburg.

Nicht einmal erfasst sind in diesem Modell Unfälle, bei denen ein Tanker auf einen Felsen aufläuft – solche Unfälle sind im finnischen Meerbusen sogar relativ häufig, sie gehen aber meist glimpflich aus, so dass kein oder nur wenig Öl austritt. „Aber Unfälle sind natürlich immer Einzelfälle und gehen von einer ganzen Kette von Ereignisse aus“, betont Lehikoinen. „Es kann dabei vieles zur gleichen Zeit schief gehen – ganz zu schweigen von den unzähligen zufälligen Faktoren, die zu einem solchen Unfall beitragen können.“

Die beste Lösung ist nicht umsetzbar

Die Forscher hätten auch eine Lösung – eine Maßnahme, die die Tankerkollisionen am ehesten vermeiden würde: „Ein obligatorischer Lotse würde die Zahl der Kollisionen sehr effektiv reduzieren“, berichten sie. Das spiegelt sich auch in ihrem Modell wieder. Demnach wäre diese Maßnahme sehr viel wirksamer als automatisierte Kollisions-Warnungen oder ähnliches.

Doch die Realität sieht leider anders aus: „Das internationale Seerecht besagt, das Küstenstaaten außerhalb ihrer Hoheitsgewässer eine Lotsenpflicht nicht vorschreiben können“, erklären Lehikoinen und ihre Kollegen. Weil gerade die gefährlichsten zentralen Gebiete des Finnischen Meerbusens außerhalb der Hoheitsgewässer liegen, wird sich diese Maßnahme wohl kaum umsetzen lassen, meinen auch die Forscher: „Das macht diese Lösung leider unrealistisch.“

Environmental Science and Technology, doi:10.1021/es501777g

© natur.de – Nadja Podbregar
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