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PFAS: Auch die Ersatzstoffe sind schädlich

Forscher warnen vor fluorierten Alkylsubstanzen

PFAS: Auch die Ersatzstoffe sind schädlich
PFAS im Pizzakarton
Auch im Pizzakarton stecken PFAS (Dalmatin.o/ Fotolia)
Sie stecken in Pizzakartons, Funktionskleidung, Kosmetika und in unseren Handys: Perfluorierte und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) werden heute in Tausenden von Produkten und industriellen Prozessen eingesetzt. Varianten dieser Substanzen stehen schon länger im Verdacht, krebserregend und gesundheitsschädlich zu sein. Jetzt warnen Forscher auch vor den kurzkettigen Alternativen.

Sie machen Oberflächen fett- und wasserabweisend und sind vielseitig einsetzbar: Schon seit gut 60 Jahren werden PFAS genutzt, um Materialien und Gebrauchsgegenstände mit Anti-Haftbeschichtungen zu versehen oder gegen Fett- und Wasserflecken oder störende Beläge zu schützen. In Kontakt kommen wir mit ihnen aber nicht nur über Textilien, Schuhe oder technische Geräte – selbst Pizzakartons sind heute vielfach mit PFAS beschichtet, wie sich kürzlich herausstellte.

Doch schon seit Längerem hat sich gezeigt, dass vor allem die längerkettigen PFAS schädlich für Umwelt und Gesundheit sind. Sie können in höheren Konzentrationen die Leber schädigen und gelten als krebsauslösend und fortpflanzungsschädigend, wie auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR) bereits im letzten Jahr berichtete. Zudem bleiben die langkettigen PFAS über Jahre in der Umwelt und auch im menschlichen Körper, ohne abgebaut zu werden.

Langlebig und schädlich

“PFAS finden sich heute in Innenräumen und in der Umwelt, in Wildtieren, menschlichem Gewebe und Blut – und das auf dem gesamten Globus”, erklären Arlene Blum von der University of California in Berkeley und ihre Kollegen. Auch in Gewässern und im Trinkwasser sind bereits erhöhte Konzentrationen dieser Substanzen nachweisbar. Wegen ihrer Langlebigkeit, der globalen Verteilung, dem Potenzial für eine Anreicherung in Lebewesen und ihrer Toxizität wurden die PFAS im Jahr 2009 von der UN in die Liste der langlebigen organischen Schadstoffe aufgenommen.

Als Folge dieser Erkenntnisse, wurden inzwischen einige der gängigen langkettigen PFAS durch kürzerkettige Varianten ersetzt. Nach Aussagen des FluoroCouncil, der Interessenvertretung der PFAS-Hersteller, sollen diese Ersatzstoffe ungefährlich sein: “Von den bisher untersuchten kurzkettigen PFAS wird nicht erwartet, dass sie der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt schaden”, heißt es in einer Stellungnahme. Denn sie würden erheblich schneller aus dem Körper wieder ausgeschieden als die langkettigen Varianten.

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Gefahr auch durch kürzerkettige PFAS?

Doch das sehen viele Forscher ganz anders. Mehr als 200 Wissenschaftler haben inzwischen ein Statement unterzeichnet, in dem vor den Gefahren auch durch die kürzerkettigen PFAS gewarnt wird. Sie fordern, die Produktion und den Einsatz aller perfluorierten und polyfluorierten Alkylsubstanzen zu begrenzen oder zu verbieten. Ihre Argumente: Obwohl die heute eingesetzten Ersatzstoffe kürzerkettig sind, besitzen diese PFAS die gleiche chemische Grundstruktur und die fluorierten Bestandteile der Moleküle sind über die gleichen Bindungen verknüpft.

“Zudem scheinen einige kürzerkettige Alternativen zwar weniger bioakkumulativ zu sein, sie sind aber in der Umwelt genauso langlebig wie die langkettigen Substanzen oder haben sehr langlebige Abbauprodukte”, so Blum und ihre Kollegen. “Ein Wechsel zu kürzerkettigen PFAS wird daher die Menge der PFAS in der Umwelt kaum senken.” Hinzu kommt, dass einige der Ersatzstoffe weniger effektiv sind und dadurch mehr davon benötigt werden – auch das könnte zu vermehrten negativen Wirkungen führen.

Kennzeichnung und Meidung

In ihrem Statement warnen die Forscher zudem, dass viele der Ersatzstoffe bisher kaum untersucht sind. “Während viele fluorierte Alternativen bereits auf dem Markt sind, gibt es nur wenig Information über ihre chemischen Struktur, Eigenschaften oder toxikologischen Profile”, sagen sie. Hier müssten die Hersteller dringend nachbessern und enger mit Forschungseinrichtungen und Behörden zusammenarbeiten. Die Wissenschaftler fordern zudem eine Kennzeichnung von Produkten mit PFAS, damit Verbraucher wissen, was in ihren Waren steckt.

Die Wissenschaftler fordern die Industrie auf, statt der kurzkettigen PFAS nicht-fluorierte Ersatzstoffe zu entwickeln und einzusetzen. In Deutschland hat die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) bereits ein Projekt initiiert und gefördert, in dem Forscher der Universität Bremen gemeinsam mit Textilherstellern nach fluorfreien Alternativen für Funktionskleidung suchen wollen. “Den Herstellern von Outdoortextilien fehlen häufig fundierte Kriterien, um umweltfreundlichen Alternativen den Vorzug geben zu können”, sagt DBU-Generalsekretär Heinrich Bottermann. Als Entscheidungshilfe sollen daher im Rahmen des Projekts die Alternativen und ihre Umweltgefahren zusammengeführt und untersucht werden.

Quellen: Environmental Health Perpectives, 2015; The Madrid Statement on Poly- and Perfluoroalkyl Substances (PFASs)

© natur.de – Nadja Podbregar
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