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Pestizid stört Flug der Bienen

Das Neonicotinoid Thiamethoxam hemmt Ausdauer und Flugtempo

Pestizid stört Flug der Bienen
Honigbiene
Eine Honigbiene vor dem Flugtest (Foto: Simone Tosi)
Noch ein negativer Pestizid-Effekt: Ein auch bei uns eingesetztes Neonicotinoid stört die Flugfähigkeit von Honigbienen, wie Versuche belegen. Die Bienen flogen dadurch langsamer und weniger weit – und das kann schon ausreichen, um das Überleben eines Stocks zu gefährden, warnen Forscher.

Schon länger stehen Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide im Verdacht, Bienen, Hummeln und andere Insekten zu schädigen. Denn diese Spritzmittel wirken auf ihr Nervensystem und machen beispielsweise Wespen geruchsblind und stören die Orientierung von Bienen, wie Studien belegen. Unter anderem deshalb wurde 2013 in der EU die Nutzung von drei Neonicotinoiden stark eingeschränkt, darunter auch von Thiamethoxam.

Das Problem: Diese Begrenzung gilt nur befristet und zudem nur für bestimmte Anwendungsbereiche. Thiamethoxam wird daher auch in Europa noch eingesetzt, unter anderem gegen Schadinsekten bei Zuckerrüben und Kartoffeln, aber auch Mais und Raps. Gerade für dieses Neonicotinoid haben früherer Studien bereits gezeigt, dass Futter sammelnde Bienen und Hummeln bei Belastung mit diesen Wirkstoffen schlechter zu ihrem Stock zurückfinden. Sie kehren entweder gar nicht oder verspätet zurück.

Flugtests mit und ohne Pestizid

Welche Ursache dies hat, haben nun Simone Tosi von der Universität Bologna und ihre Kollegen untersucht. Sie wollten wissen: Hängt dies nur mit einer gestörten Navigation der Insekten zusammen oder ist auch das Flugvermögen der Bienen durch das Pestizid beeinträchtigt?

Um das zu testen, ließen die Forscher Honigbienen in speziellen Flug-Apparaten fliegen, die Flugdauer, Tempo und zurückgelegte Strecke maßen. Ein Teil der Bienen war unbelastet, ein weiterer Teil war eine Stunde lang einer auf Feldern üblichen Konzentration des Thiamethoxam ausgesetzt und eine dritte Gruppe absolvierte den Flugtest nach zwei Tagen chronischer Belastung. Dabei lag die Dosis bei 1,96 bis 2,9 Nanogramm pro Biene und Tag.

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Klare Effekte

Das Ergebnis: Eine nur kurzzeitige Belastung durch Thiamethoxam schien die Bienen sogar anzuregen: Sie flogen weiter und schneller als normalerweise. Das allerdings ist nur auf den ersten Blick günstig, wie die Forscher erklären: „Bienen, die größere Distanzen zurücklegen, dabei aber wegen der Pestizide schlechter navigieren können, verringern ihre Chance, sicher wieder heimzufinden“, so Tosi und ihre Kollegen.

Hielt die Pestizidbelastung jedoch zwei Tage an, kehrte sich die Wirkung des Thiamethoxams ins Gegenteil um: Statt die Flugtätigkeit anzuregen, beeinträchtige das Pestizid nun die Flugfähigkeit der Bienen. Sie flogen im Durchschnitt nur noch halb so weit und halb so lang, wie die Forscher berichten. Auch die Fluggeschwindigkeit der Honigbienen sank. „Unsere Ergebnisse demonstrieren damit erstmals, dass feld-realistische Belastungen mit diesem Pestizid die Flugfähigkeit der Bienen beinträchtigen“, sagt Tosi.

Futtermangel für den Bienenstock

Das Problem dabei: „Das Überleben der Honigbienen hängt von ihrer Flugfähigkeit ab, denn dies ist für sie der einzige Weg, wie sie Futter sammeln können“, erklärt die Forscherin. Doch die durch Thiamethoxam bewirkte Verkürzung der Flugstrecken entspricht einer Verkleinerung ihres Sammelgebiets von 79 Prozent, wie die Wissenschaftler ausrechneten. Betrifft die Pestizidbelastung alle Sammlerinnen eines Stocks – was beim Spritzen eines oder mehrerer Felder in der Umgebung durchaus wahrscheinlich ist, dann kann dies die Nahrungsversorgung eines Bienenvolks stark beeinträchtigen.

„Dieses Pestizid tötet die Bienen nicht sofort, es hat aber einen subtileren Effekt“, sagt Tosis Kollege James Nieh von der University of California in San Diego. „Letztlich kann schon eine subletale Dosis eine tödliche Wirkung für den gesamten Bienenstock haben.“ Ihrer Ansicht spricht dies dafür, dass die Nutzung von Thiamethoxam und ähnlichen Neonicotinoide noch weiter eingeschränkt werden muss.

Quelle: University of California – San Diego, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-017-01361-8

© natur.de – Nadja Podbregar
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