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Prognose „Nordsee 2099“: Artenschwund und Invasoren

Wie der Klimawandel die Nordesee-Fauna prägen wird

Prognose „Nordsee 2099“: Artenschwund und Invasoren
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Er wird wohl weit in den Norden abwandern: Der Seestern Ophiotrix fragilis. (Foto: Senckenberg)
Die Welt ist im Wandel… Wie wird sich das auf die Lebewesen in der Nordsee auswirken? Dieser Frage haben sich Senckenberg-Wissenschaftler anhand von Modellierungen gewidmet. Ihre Prognose für das Jahr 2099 lautet: Es ist mit drastischen Artenverschiebungen zu rechnen.

Krabben sausen durchs Wasser, Seesterne wandern gemächlich über die Sedimente, in denen Muscheln hausen… Auf und im Boden der Nordsee wimmelt es von Leben. „Das könnte im Jahr 2099 aber schon ganz anders aussehen“, erklärt Michael Weinert vom Senckenberg Forschungsinstitut in Wilhelmshaven. Er und seine Kollegen haben die Auswirkungen des Klimawandels auf benthische – am und im Boden lebende Organismen der Nordsee bis ins Jahr 2099 modelliert. „Um Schutz- und Managementmaßnahmen ergreifen zu können, ist es essentiell die Auswirkungen der Klimaänderungen auf die Nordsee-Fauna zu kennen“, betont Weinert.

Das grundsätzliche Fazit der Studie lautet: Durch die Erhöhung der Wassertemperatur und des Salzgehaltes im Rahmen des Klimawandels könnten über 60 Prozent der bodenlebenden heimischen Tierarten ihren Lebensraum in der Nordsee verlieren. Das deutsch-norwegische Wissenschaftlerteam geht davon aus, dass die freiwerdenden Lebensräume dann zunehmend von invasiven Arten besetzt werden.

Problematische Temperaturen und Salzgehalte

Konkret erstellten die Forscher die Prognose für 75 ausgewählte Benthos-Lebewesen: „Wir haben Arten ausgewählt, die entweder zur typischen Nordseefauna gehören, wie beispielsweise die Nordseekrabbe (Crangon crangon), solche die schon heute bedroht sind oder Arten, die eine bedeutende Aufgabe im Ökosystem Nordsee spielen“, sagen die Co-Autoren Ingrid Kröncke und Hermann Neumann vom Senckenberg Forschungsinstitut. Grundlage für die Modellierungen der Forscher bildeten Prognosen, wonach es zu einer Erhöhung der Wassertemperatur zwischen 0,15 und 5,4 Grad Celsius und dem Salzgehalt von durchschnittlich 1,7 Prozent kommen wird.

Den Auswertungen zufolge werden 49 der 75 untersuchten Arten mit diesen neuen Bedingungen nicht zurecht kommen und Lebensräume einbüßen. Etwa 65 Prozent der auf dem Nordseeboden lebenden Organismen werden zwar weiterhin in der Nordsee zu finden sein, sagen die Forscher, verlagern aber laut den Modellierungen ihren Lebensraum nordwärts. Der Seestern Ophiothrix fragilis könnte beispielsweise bis zu 100 Kilometer in den Norden abwandern. Bei der im Sediment lebenden Fauna sind es sogar 77 Prozent der untersuchten Arten, die wegen der erhöhten Temperaturen wahrscheinlich nach Norden rücken werden. Aber auch in den Süden werden sich wohl einige Arten ausbreiten, sagen die Forscher.

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Weitreichende Wechselwirkungen möglich

„Wir erwarten zudem, dass sich einwandernde Arten in den freigewordenen Lebensräumen ansiedeln“, sagt Kröncke. „Bereits heute finden wir immer häufiger eingewanderte Arten, wie beispielsweise die Pazifische Felsenauster aus Südostasien im Watt oder die mediterrane Trapezkrabbe Goneplax rhomboides in den Gewässern der Nordsee.“

Wie die Forscher betonen, können mit den Veränderungen wiederum Dominoeffekte im Ökosystem der Nordsee verknüpft sein, deren Ausmaß sich nur schwer einschätzen lässt. „In der Deutschen Bucht und der südlichen Nordsee wird es einen massiven Verlust der heimischen Fauna und wichtiger ‚Ökosystem-Ingenieure‘ geben – mit Konsequenzen für die gesamte Flora und Fauna der Nordsee“, sagt Weinert.

Verschwindet beispielsweise der Seeigel Echinocardium cordatum, wird das Sediment weniger durchwühlt und geringere Mengen organischen Materials abgebaut. Dadurch könnte dann der Sauerstoffgehalt im Meeresboden sinken. Der Verlust solcher Ökosystem-Dienstleister kann dazu führen, dass die Nordsee weitere menschliche Einflüsse nicht mehr abpuffern kann und die Wasserqualität sinkt. Dadurch würden dann auch die Bestände von kommerziell gefangenen Fischen weiter zurückgehen, warnen die Meeresbiologen.

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

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