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Rätsel um Seetang-Krankheit gelöst

Ein einzelliger Parasit befällt Braunalgen der Südhalbkugel

Rätsel um Seetang-Krankheit gelöst
Kranker Kelp
Nicht zu übersehen: Dieser Seetnag ist mit  handtellergroßen gelben Gallen übersäht – ein Symptom des Parasitenbefalls. (Foto:  Pedro Murua)
Eine der größten Braunalgen der Welt wird von einer rätselhaften Krankheit heimgesucht. Schon zehn Prozent der Tangwälder sind befallen. Jetzt haben Forscher den Erreger identifiziert: Ein exotischer Einzeller parasitiert die Algen. Eine Bekämpfungsstrategie gibt es bisher jedoch noch nicht.

Der bis zu zehn Meter lange Bull Kelp (Durvillea antarctica), eine Seetangart aus der Gruppe der Braunalgen, bildet vor allem in den Meeren der Südhalbkugel riesige Tangwälder. Ähnlich wie der Wald an Land haben diese Braunalgenwiesen eine enorme wirtschaftliche und ökologische Bedeutung. Der Seetang dient nicht nur als Lebensmittel und Rohstofflieferant, er beeinflusst auch die Meeresströmungen und ist ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche Meeresbewohner.

Seltsame Krankheit

Doch gerade dem Seetang im Südpolarmeer und Südpazifik geht es nicht gut: Ein Parasit rückt im zu Leibe. “Befallene Teile des riesigen Tangs sind mit handtellergroßen, dunkelgelben und sehr harten Gallen überzogen”, berichtet Sigrid Neuhauser von der Universität Innsbruck. “Die harten Wucherungen führen zu einer Destabilisierung des Tangs, er reißt viel leichter ab und ist natürlich ungenießbar.” In Chile beispielsweise werden solche Stücke immer wieder an die Strände angespült.

Fischer kennen dieses Problem schon länger und werfen befallene Teile meist einfach wieder zurück ins Meer. “Was es aber genau ist, das diese auffälligen Merkmale entstehen lässt, war bislang nicht klar”, sagt Neuhauser. “Vergleichbar mit Pflanzen haben zwar auch Algen mit Parasitenbefall zu kämpfen, allerdings ist bei Algen die Forschung im Hinblick auf die Identifikation und Bekämpfung noch am Anfang.”

Exotische Einzeller als Erreger

Jetzt ist es Neuhauser gelungen, die rätselhafte Seetang-Krankheit aufzuklären. Sie hat entdeckt, dass winzige Einzeller die Verursacher dieses Befalls sind. “Phytomyxea sind einzellige Organismen, die sich in der Evolutionsgeschichte als eigenständige Gruppe völlig unabhängig von Tieren, Pflanzen, Algen oder Pilzen entwickelten und somit mit keiner bekannten Gruppe verwandt sind”, erklärt die Mikrobiologin. “Sie kommen von Böden bis zum Meer überall vor, sind bisher aber wenig erforscht, obwohl sie großen Schaden anrichten können.”

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Beim Seetang heften sich die Einzeller an die Oberfläche an und bilden dann eine Art Injektionsstachel aus. Damit injizieren sie sich selbst in die Zellen, vergleichbar mit einer Spritze. “Ist das geschafft, beginnt die Zellteilung und die Infektion des Gewebes, die sich bei der Braunalge in der Ausbildung der gelben Gallen äußert”, so Neuhauser. “Der wenige tausendstel Millimeter große Parasit ist also in der Lage, eine der größten Algen der Erde zu befallen und massiv zu schädigen.”

Bekämpfungsstrategien bisher Fehlanzeige

Wie sich diese Parasiten bekämpfen lassen, ist bisher unklar, konkrete gibt es im Moment noch nicht. “Wir müssen die Arten zunächst besser verstehen lernen. Den Fischern vor Ort haben wir aber empfohlen, die befallenen Teile der Alge zumindest nicht mehr zurück ins Meer zu werfen, da sie sich sonst natürlich weiterverbreiten”, sagt Neuhauser. “Aufgrund der Größe und Festigkeit können auch abgerissene Teile des Tangs tausende Kilometer weit driften und an anderen Stellen der Erde Tangwälder infizieren.”

Dass das bereits geschehen ist, zeigen Meldungen über Kelp-Funde mit ähnlichen Symptomen aus anderen Ländern Neuseeland, Australien und den Färöer-Inseln. Künftige Bekämpfungsstrategien sieht Neuhauser vor allem in der Züchtung besonders resistenter Individuen, weniger in der direkten Behandlung bereits befallener Algen. “Diese Strategien stehen aber alle noch am Anfang. In der Schädlingsbekämpfung ist alles auf Pilze und Bakterien ausgerichtet, das funktioniert bei den Phytomyxea aber leider nicht”, sagt die Forscherin.

Quelle: Universität Innsbruck

© natur.de – Nadja Podbregar
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