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Setzt Indien doch weiter auf Kohle?

Pläne zum Bau hunderter neuer Kohlekraftwerke gefährden Klimaschutzziele

Setzt Indien doch weiter auf Kohle?
Nach den USA und Donald Trump könnte nun auch Indien die Klimaschutzziele von Paris gefährden. Denn das Land plant, bis zu 370 neue Kohlekraftwerke zu bauen. Würden sie in Betrieb gehen, wäre Indiens Ziel, die CO2-Emissionen bis 2030 deutlich zu senken, nicht haltbar, warnen Forscher.

Indien gehört mit China und den USA zu den großen unter den Emittenten von Treibhausgasen. Kein Wunder: Bisher bildet Kohle eine wichtige Grundlage der Energiegewinnung des riesigen Landes. 70 Prozent des Stroms in Indien stammt aus der Verbrennung dieses fossilen Brennstoffs – und Reserven gibt es noch reichlich.

Paris hier, Kraftwerksplanung da

Dennoch haben sich die Vertreter der indischen Regierung im Klimaabkommen von Paris dazu verpflichtet, die Nutzung von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung zu erhöhen. Selbsterklärtes Ziel ist es demnach, die Emissionsintensität – die Menge ausgestoßener Treibhausgase pro Einheit des Bruttoinlandsprodukts – bis zum Jahr 2030 um 35 Prozent zu senken.

Der von der indischen Regierung im Dezember 2016 veröffentlichte Energieplan sieht daher auch keine weiteren Kohlekraftwerke über die zurzeit schon im Bau befindlichen hinaus vor – eigentlich. Jetzt jedoch berichten US-Forscher, dass in Indien offenbar knapp 370 neue Kohlekraftwerke geplant sind – und dass die Planungen ohne Anzeichen dafür fortschreiten, dass der Bau gestoppt wird.

Klimaschutz versus wirtschaftliche Entwicklung?

„Indien steht von einem hausgemachten Dilemma“, sagt Steve Davis von der University of California Irvine. „Das Land hat sich verpflichtet, seine Nutzung von fossilen Brennstoffen für die Stromproduktion einzuschränken, gleichzeitig aber schlägt es den Weg dazu ein, hunderte neuer Kohlekraftwerke zu bauen, um die Bedürfnisse seiner wachsenden Wirtschaft zu befriedigen.“ Sollte dies passieren, wäre das globale Klimaschutzziel schon allein dadurch nicht mehr zu halten.

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Nach Angaben der Forscher sind zurzeit Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 65 Gigawatt schon im Bau, weitere 178 Gigawatt sind in der Planung. Sollten sie in Betrieb gehen, würde dies den Anteil der fossilen Brennstoffe im indischen Energiebudget um 123 Prozent steigern – und damit die Einhaltung der Paris-Klimaschutzziele torpedieren. Denn um diese zu erreichen, müsste Indien bis 2030 mindestens 40 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien gewinnen.

Kapazitäten sind schlicht überflüssig

Hinzu kommt: „Wenn wir uns alle aktiven Kohlekraftwerks-Planungen anschauen, stellen wir fest, dass sie schlicht nicht gebraucht werden“, erklärt Christine Shearer vom Forschungsinstitut CoalSwarm in San Francisco. Zumindest dann nicht, wenn Indien tatsächlich parallel seine Kapazität für Strom aus Sonne, Wind und Co ausbaut. Indien würde dann mehr Strom produzieren, als seine Bevölkerung und Wirtschaft selbst in den nächsten Jahrzehnten verbrauchen kann.

„Diese Kraftwerke blockieren daher entweder den Ausbau der erneuerbaren Energien im Land oder müssten auf Sparflamme laufen und würden sich daher nicht rentieren“, so Shearer. Nach den Berechnungen der Forscher könnte das Land nur dann seine Klimaschutzziele erfüllen, wenn die neuen Kohlekraftwerke nur in 40 Prozent der Zeit laufen würden. „Aber das wäre eine kolossale Geldverschwendung“, sagt Davis. „Wenn die Kraftwerke einmal gebaut sind, wird es daher eine große Versuchung geben, sie mehr laufen zu lassen – trotz ihrer Emissionen.“

Vom Beispiel Chinas lernen

Dass der Bau dieser Kohlkraftwerke auch wirtschaftliche eine Fehlkalkulation sein könnte, zeigt der Blick nach China: Auf dem Höhepunkt seines Wirtschaftsbooms hatte China ebenfalls Unmengen von Kohlekraftwerken errichtet. Inzwischen jedoch hat sich die Lage gewandelt und ein Großteil davon wird nicht mehr gebraucht. Als Folge liegen die fertigen oder halbfertigen Anlagen schlicht still. „Indien sollte seine Kohlekraftwerks-Planungen noch einmal überprüfen und die Fehler Chinas vermeiden“, sagt Shearer.

Ob dies gelingt, könnte auch von der Kommunikation innerhalb der indischen Regierungskreise abhängen. „Die Leute, die für Indien an den internationalen Meetings und Klimaverhandlungen teilnehmen, sind nicht die gleichen, die neue Kohlekraftwerke im Land genehmigen“, sagt Davis. Er und seine Kollegen hoffen aber, auch durch ihre Studie auf diese Diskrepanzen aufmerksam zu machen.

Quelle: American Geophysical Union

© natur.de – Nadja Podbregar
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