Von wegen blöde Ziege, dumme Kuh oder faules Schwein: Auch wenn sich diese Ausdrücke längst als Schimpfwörter etabliert haben, könnten sie unzutreffender kaum sein. Denn gerade viele unserer Nutz- und Haustiere sind alles andere als dumm oder träge – wenn man sie so leben lässt, wie sie es eigentlich brauchen. Studien zeigen unter anderem, dass Schweine durchaus intelligent sind und sogar lernen können, auf ihren Namen zu hören. Ziegen können ähnlich wie wir Menschen in Kategorien denken – ebenfalls ein Beleg für fortgeschrittene geistige Leistungen.
Was bringen Lernspiele fürs Wohlbefinden?
Umso schlimmer, dass die meisten Nutztiere unter Bedingungen gehalten werden, die sie zur Bewegungsarmut, Langeweile und Frustration verdammen. Bei Zootieren ist man hier schon weiter: Auch sie werden oft in zu kleinen Gehegen und mit zu wenig Beschäftigung gehalten. Doch Tierpfleger und Forscher versuchen dies schon seit längerem durch gezielte Lernspiele, Knobelaufgaben und eine spielerische Stimulation der Sinne zumindest in Teilen auszugleichen. Studien haben bereits gezeigt, dass dies positive Effekte auf das Befinden der Tiere hat.
Bei Nutztieren wie Kuh, Schwein oder Huhn kommt ein Wandel der Haltungsbedingungen dagegen nur schleppend in Gange. Und auch wo genau man ansetzen könnte, um den Tieren zumindest ein wenig mehr Lebensqualität zu bieten, ist bisher nur in TeiIen klar. „Ein vertieftes Verständnis der kognitiven Fähigkeiten und Ansprüche von Nutztieren ist die Voraussetzung für artgerechtere Haltungsbedingungen in der Zukunft“, unterstreicht Jan Langbein vom Leibniz-Institut für Nutzierbiologie (FBN).
Vergleich von Wild- und Hausziegen
Um hier Abhilfe zu schaffen, haben Langbein und seine Kollegen vom Schweizer Zentrum für tiergerechte Haltung nun ein Forschungsprojekt mit Haus- und Wildziegen begonnen. Ziel ist es, in den kommenden drei Jahren mit den Tieren gezielte Übungen und Experimente durchzuführen, die die Lernfähigkeit der Ziegen, ihre kognitiven Leistungen und ihre Fähigkeit zum sozialen Lernen von Artgenossen oder Menschen austesten.
Die Forscher wollen so zum einen herausfinden, welche Umgebungen und Reize das Wohlergehen der Tiere verbessern. Es geht um die zentrale Frage, auf welchem Niveau und mittels welcher Mechanismen die Tiere Informationen aufnehmen und verarbeiten und wie das geistige Vermögen zum Wohle der Nutztiere in der Landwirtschaft eingesetzt werden kann. Zum anderen erhoffen sich die Forscher wertvolle Hinweise darauf, wie sich das Verhalten der Ziegen im Laufe ihrer Domestikation verändert hat. Sie führen deshalb alle Versuche sowohl an zwei Hausziegenrassen durch als auch an Wildziegen aus dem Tierpark Bern.
Quelle: Leibniz-Institut für Nutzierbiologie (FBN)