Gierig reibt man sich die Hände – am Tiefseegrund des Zentralpazifiks warten angeblich dicke Schatz-Brocken geradezu darauf, eingesammelt zu werden: In den sogenannten Manganknollen stecken heißbegehrte Erze wie Nickel, Kupfer oder Kobalt. Doch nun trüben erneut Ökologen die Goldgräberstimmung: „Diese Manganknollenfelder sind viel mehr als nur potentielle Unterwasser-Bergbaugebiete. Unsere Forschung zeigt, dass sie wahre Hotspots der Tiefwasserfauna darstellen“, sagt Pedro Martínez Arbizu vom Deutschen Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung bei Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven.
Gemeinsam mit Kollegen aus Belgien, Frankreich und Portugal hat er die Auswirkungen eines möglichen Manganknollen-Abbaus auf die Artenvielfalt der Tiefsee untersucht. Ihre Auswertungen von Videoaufnahmen belegen, dass Gebiete mit vielen Manganknollen eine mehr als zweifach höhere Anzahl an Individuen aufweisen als Bereiche mit wenigen oder keinen Knollen. „In Gebieten mit Manganknollen leben im Schnitt 25 Organismen auf 100 Quadratmetern Tiefseeboden, in Gebieten ohne Manganknollen sind es weniger als 10 Individuen“, berichtet Martínez Arbizu.
Manganknollen sind Bestandteil des Ökosystems
Wie die Meeresbiologen erklären, sind die Manganknollen ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems. Sie wachsen über einen Zeitraum von Millionen von Jahren – dementsprechend ist die Fauna an sie angepasst. Konkret: Auf den Knollen selbst leben Korallen, Schwämme, Moostierchen und Anemonen sowie mikroskopische Fadenwürmer, Krebse und Einzeller, belegen die Untersuchungen. Die Manganknollenfelder sind außerdem Lebensraum für verschiedene Seesternarten, Seegurken und Seeigel.
Im Rahmen ihrer Studie untersuchten die Forscher auch, wie sich Tiefseebergbau langfristig auf die Lebensgemeinschaften auswirken könnte. Sie werteten dazu die Effekte von Experimenten aus, bei denen bereits vor 20 beziehungsweise 37 Jahren Stücke des Tiefseegrunds gepflügt worden waren, um Bergbau zu simulieren. „Darüber hinaus haben wir uns auch die Tierwelt in zwei aktuellen – acht Monate und drei Jahre alten – experimentell gestörten Testgebieten angeschaut“, ergänzt Martínez Arbizu. „Das Ergebnis ist erschreckend: Selbst knapp 40 Jahre nach dem Abbau von Manganknollen ist noch eine deutliche Störung sowie ein Verlust der Artenvielfalt zu erkennen.“
Langzeitfolgen
Konkret zeigte sich, dass die Anzahl am Boden festsitzender Organismen von 24 außerhalb des Testgebietes auf 3 Individuen pro 100 Quadratmeter innerhalb des Testgebietes gesunken ist. Am härtesten trifft der geplante Abbau dabei offenbar Korallen und Schwämme, die auf dem weichen Sediment in der umliegenden Tiefsee keinen Halt finden und deshalb die Knollen benötigen.
Das Fazit der Meeresbiologen lautet nun: „Der Abbau von Manganknollen beeinflusst die Vielfalt der Tiefsee-Fauna auch auf lange Sicht negativ“, so Martínez Arbizu. „Wir empfehlen daher ein verantwortungsvolles Management des Unterwasser-Bergbaus unter Berücksichtigung von Schutzzonen für die Tiefsee-Fauna.“
Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen