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Tödliches Plastik statt Futter

Plastikmüll im Ozean bedroht Meeresvögel

Tödliches Plastik statt Futter
Rotfußtölpel
Ein Rotfußtölpel inmitten von Plastikabfall (Foto: CSIRO)
Forscher schlagen Alarm: Der Plastikmüll in den Weltmeeren wird immer mehr zur tödlichen Gefahr für Seevögel. Sie ersticken daran, verhungern oder verstopfen ihren Darm mit verschluckten Kunststoffteilen. Bis 2050 könnten 99 Prozent aller Meeresvogelarten von diesem Schicksal betroffen sein, prognostizieren die Wissenschaftler.

Jedes Jahr gelangen mehr als acht Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane – dies entspricht 15 vollen Plastiktüten auf jedem Meter Küste weltweit. Und es wird immer mehr: Die globale Produktion von Kunststoff hat sich seit den 50er Jahren alle elf Jahre verdoppelt, entsprechend steigt auch die Menge der Plastikabfälle. Erst kürzlich schätzten Forscher, dass mehr als fünf Billionen Kunststoffpartikel verschiedenster Größen in den Ozeanen umher treiben. Die gesamte Masse dieses Mülls beträgt fast 270.000 Tonnen.

Tödliche Gefahr

„Die Plastikfragmente erreichen Dichten von bis zu 580.000 Plastikteilen pro Quadratkilometer und bleiben über Jahrzehnte bis Jahrhunderte erhalten“, berichten Chris Wilcox von der australischen Forschungsorganisation CSIRO und seine Kollegen. Für Meerestiere und Vögel, die im Ozean nach Futter suchen, werden die verlockend bunten Plastikteile, aber auch die fast unsichtbaren Kunststoffreste zur tödlichen Gefahr. Denn sie können sich in größeren Teilen verfangen, diese verschlucken und sich an den Inhaltsstoffen des Kunststoffs vergiften.

Welche Folgen die Plastikschwemme in den Meeren für die Vogelwelt hat, haben Wilcox und seine Kollegen nun erstmals systematisch untersucht. Sie werteten dafür aus, wie häufig zwischen 1962 bis 2012 Vögel mit Plastikteilen im Bauch gefunden wurden. Außerdem erstellten sie ein Modell, das anhand der Plastikverteilung in den Meeren und den Verbreitungsgebieten von 186 Meeresvogelarten die Gefährdung für die einzelnen Arten und Regionen zeigt.

Schon jetzt sind 90 Prozent der Seevögel betroffen

Das Ergebnis ist erschreckend: 90 Prozent aller heute lebenden Meeresvögel haben schon mindestens einmal Plastik verschluckt. „Das ist eine gewaltige Menge und demonstriert, wie allgegenwärtig die Plastikverschmutzung der Meere ist“, sagt Denise Hardesty von der CSIRO. „Bei Feldforschungen habe ich schon mehr als 200 Plastikteile im Bauch von einem einzigen Seevogel entdeckt.“

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Und der Anteil der betroffenen Vögel steigt ständig weiter an: Während 1960 nur rund fünf Prozent der Vögel mit Kunststoff im Bauch gefunden wurden, waren es 2010 bereits 80 Prozent. Geht der Trend so weiter, dann werden bis zum Jahr 2050 99 Prozent aller Seevogelarten mehr oder weniger regelmäßig Plastik fressen, schätzen die Forscher. Besonders fatal ist dies für Vogelarten wie Sturmvögel oder Tordalke, die einmal Verschlucktes nicht spontan wieder herauswürgen können. Aber auch Albatrosse und Raubmöwen, die dies können, gehen häufig an zu viel Plastik im Bauch zugrunde.

Albatrosse und Sturmvögel in Not

Besondere Hotspots der Gefährdung sind erstaunlicherweise nicht die gewaltigen Müllstrudel im Nordpazifik und Nordatlantik. „Denn in den Müllstrudeln in der Mitte der Ozeane gibt es zwar viel Plastik, hier leben aber nur sehr wenige Tiere“, erklären die Forscher. Stattdessen hat der Plastikmüll die stärksten Auswirkungen im Südozean, einem Meeresband entlang der Südküsten von Australien, Südafrika und Südamerika. Denn hier kommen hohe Plastikdichte und eine große Vogelvielfalt zusammen.

Damit hat das Plastik ausgerechnet dort die schlimmste Wirkung, wo die Artenvielfalt am größten ist. „Wir sind besonders besorgt über Arten wie Pinguine und Riesen-Albatrosse, die in diesen Gebieten leben“, sagt Erik van Sebille vom Imperial College London. Aber auch der Albatros im Nordpazifik oder der Eissturmvogel im Nordatlantik seien in Gefahr.

„Wir können etwas tun“

Die Forscher appellieren daher an die Politik, aber auch an jeden Einzelnen, mehr zum Schutz der Meeresumwelt zu tun und Plastikabfälle zu vermeiden oder zumindest sie richtig zu entsorgen. „Wenn wir das Müllmanagement verbessern, können wir die Bedrohung für die Meeresumwelt verringern“, sagt Hardesty. „Schon einfache Maßnahmen können dabei einen Unterschied bedeuten.“ Wie sie berichtet, haben die Bemühungen, den Plastikmüll in der Umwelt Europas zu reduzieren, in weniger als einem Jahrzehnt schon zu messbar weniger Plastik in den Mägen der hiesigen Seevögel geführt. Das zeigt, dass solche Maßnahmen etwas bringen – und das schon nach relativ kurzer Zeit.

Quelle: Proceedings of the National Acadeym of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1502108112

© natur.de – Nadja Podbregar
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