Am 20. April 2010 begann mit einer Explosion auf der Bohrinsel Deepwater Horizon im Golf von Mexico eine der größten Umweltkatastrophen der Neuzeit. Rund 700 Millionen Tonnen Öl und 500.000 Tonnen Methangas strömten ins Meer. Der Ölteppich verseuchte mehr als tausend Kilometer Küste und den Lebensraum von mehr als 8.000 Arten, darunter Fische, Vögel, Weichtiere, Reptilien, Krebse und Meeressäuger.
Unter den Delfinen im Golf von Mexiko löste die Ölpest das größte bekannte Massensterben dieser Region aus: Mehr als 1.300 Delfine wurden in den Monaten und Jahren nach der Katastrophe tot an die Strände geschwemmt. Unter ihnen waren besonders viele neugeborene oder junge Delfine. Kathleen Colegrove von der University of Illinois und ihre Kollegen haben in den vergangenen vier Jahren systematisch untersucht, woran diese Tiere starben und dafür die in den verseuchten Gebieten gestrandeten Delfine mit gestrandeten in nicht betroffenen Gebieten verglichen.
Kleinwuchs, Infekte und kollabierte Lungen
Und tatsächlich: Die Forscher fanden eindeutige Indizien für einen negativen Einfluss der Ölpest: „Die toten Delfin-Babys waren signifikant kleiner als diejenigen, die in den Jahren vor der Ölpest oder in nicht betroffenen Gebieten gestrandet waren“, berichtet Colegrove. Zudem hatten 88 Prozent der Jungdelfine im Golf von Mexiko Anomalien der Lunge. Dies führte dazu, dass die Lungen der Meeressäuger teilweise oder komplett kollabierten – die Tiere erstickten.
Bei der Untersuchung der toten Delfine stießen die Wissenschaftler zudem auf Indizien für Probleme bereits während der Schwangerschaft. „Die Tiere waren offensichtlich besonders anfällig für Fehlgeburten, zeigten Anzeichen für fötalen Stress und Infektionen, die sie sich schon im Mutterleib zugezogen hatten“, berichten sie. Besonders häufig waren die Jungdelfine aus dem Golf mit Brucellose infiziert, einem Bakterium, das Gehirn, Lungen und Fortpflanzungsorgane angreift.
Negative Folgen noch für den Nachwuchs
„Diese Ergebnisse bestätigen, dass die schwangeren Delfine im Golf von Mexiko signifikante Gesundheitsfolgen durch die Ölpest erlitten, die zu vermehrten Fehlgeburten und dem Tod von neugeborenen Delfinjungen führte“, konstatiert Colegrove. Die Ölpest hatte damit nicht nur schwerwiegende Folgen für die Meeressäuger, die während des Ölaustritts und kurz danach im betroffenen Gebiet lebten, sondern auch für deren Nachkommen.
Dies wird gestützt durch die Beobachtung, dass die meisten toten Delfin-Babys im Jahr 2011 angespült wurden. „Die Delfinweibchen, die 2011 ihre Föten verloren, wären im Jahr 2010 während der Ölpest in den Frühstadien ihrer Schwangerschaft gewesen“, so die Forscherin.
Quelle: University of Illinois at Urbana-Champaign