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Unterseeische Süßwasserquellen im Fokus

Sprudelndes Naturphänomen

Unterseeische Süßwasserquellen im Fokus
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Süßwasserquelle im Meer vor Lombok. Wo Süß- und Salzwasser sich vermischen, wird das Wasser schlierig. (Foto: Imke Podbielski, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung - ZMT)
Schlieren im Salzwasser oder sprudelnde Strandlöcher bei Ebbe – auf diese Weise machen sich unterseeische Grundwasserquellen bemerkbar. Dem Naturphänomen haben sich Forscher nun intensiv gewidmet und die teils skurrile Nutzung sowie kulturelle Bedeutung dieser besonderen Wasserressource dokumentiert.

Es wurde Zeit, sich einmal gezielt mit diesem interessanten Naturphänomen zu befassen, sagen die Geologen Nils Moosdorf und Till Oehler vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen. Gemeinsam mit ihrem Team haben sie Wissen rund um das Thema unterseeische Süßwasserquellen zusammengetragen. Unter anderem werteten sie dazu historische Schriften, Reiseführer, Tauchermagazine, Zeitungsartikel und mündliche Überlieferungen aus aller Welt aus, um systematisch Informationen über die geheimnisvollen Quellen zu sammeln.

Wie die Forscher berichten, sind die submarinen Süßwasserquellen weltweit verbreitet. Ihnen zufolge handelt es sich keineswegs um eine unwichtige Kuriosität: „Laut bisherigen Schätzungen entsprechen die Wassermengen bis zu zehn Prozent derjenigen, die auf unserem Planeten von den Flüssen ins Meer eingetragen wird“, sagt Nils Moosdorf. Viele der Quellen sprudeln im Verborgenen, doch es gibt auch einige auffällige und bekannte Beispiele. So haben sie etwa einem beliebten Urlaubsort an der portugiesischen Algarve den Namen gegeben: Olhos de Agua – Wasseraugen. Am dortigen Strand zeigen sich bei Ebbe rundliche Quellen, aus denen Süßwasser hervorsprudelt. Auch von der Nordsee ist Ähnliches bekannt, so zum Beispiel im Watt vor Sahlenburg am südlichen Ende des Strandes.

Es handelt sich meist um küstennahes Grundwasser, das sich durch Gesteins- oder Sandschichten einen Weg bahnt und dem Gefälle folgend zum Meer fließt, sagen die Wissenschaftler. Oft sickert das Quellwasser nahe der Wasserlinie heraus, es kann aber auch in bis zu 50 Metern Meerestiefe austreten, wie etwa vor der kroatischen Insel Braç. Vor allem in karstigen Küstengebieten mit porösem Kalkgestein kommen solche tiefen Quellen vor. Im Meerwasser zeigen sie sich durch einen speziellen visuellen Effekt: Wo Süß- und Salzwasser sich vermischen, erscheint das Wasser schlierig.

Nutzung einst und heute

Die historischen Recherchen ergaben interessante Beispiele der geschichtlichen Nutzung: In Bahrain im Persischen Golf wurden die Quellen einst auf sehr spezielle Weise ausgebeutet, berichten die Forscher. „Ein Mensch kann dort mit einem Fell ins Meer tauchen und es mit frischem Trinkwasser füllen“, ist dort bereits in Berichten aus dem 15. Jahrhundert zu lesen. So manchem Schiffbrüchigen haben die unterseeischen Quellen sogar das Leben gerettet, wie der Besatzung des Walfängers Essex, dessen Geschichte Hermann Melville zu seinem Roman „Moby Dick“ inspirierte.

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Bei Wasserknappheit nutzen aber auch heute noch die Bewohner von Inselstaaten ihre submarinen Quellen – beispielsweise in Tahiti oder Fidschi, berichten die Forscher. Zum Waschen steigen die Menschen in die Süßwasserquellen am Strand und sparen dadurch das kostbare Regenwasser in ihren Zisternen. Aber auch in anderen Ländern wird das „spezielle“ Wasser für die öffentliche Versorgung oder Landwirtschaft genutzt: beispielsweise in Peru oder Griechenland.

Ökologische und kulturelle Bedeutung

Auch aus ökologischer Sicht haben die Quellen Bedeutung, geht aus dem Bericht der Forscher hervor: „Sie sind meist besonders nährstoffreich und ziehen sehr viele Fische an, wie die Wonky holes vor Australien. Das sind deshalb Hotspots für Fischer und Taucher“, berichtet Nils Moosdorf. „In Japan gedeihen Austern aus Aquakultur in der Nähe solcher Quellen besonders gut“, ergänzt er.

Zum Aspekt der kulturellen Bedeutung führt er weiter aus: „Frischwasser, das einfach so im Meer sprudelt, hat etwas Magisches und beflügelt die Fantasie der Menschen“, so Moosdorf. „Submarine Grundwasserquellen besitzen vielerorts einen großen sinn- und kulturstiftenden Wert für die Menschen. Im alten Griechenland zum Beispiel wurden dem Meeresgott Poseidon Pferde an einer solchen Quelle bei Argos geopfert.“ Moosdorf berichtet auch von Bali, wo der hinduistische Meerestempel Tanah Lot auf einer Süßwasserquelle errichtet wurde.

Wie die Forscher betonen, sind allerdings auch die submarinen Quellen inzwischen bedroht – häufig führt Brunnenbau an Land zu ihrem Versiegen. Andernorts verschmutzen ungeklärte Abwässer und Rückstände aus der Landwirtschaft das Quellwasser. Und auch der Meeresspiegelanstieg wird Einfluss nehmen auf die hydraulischen Bedingungen für ein Fortbestehen von submarinen Grundwasserquellen. „Erst beim näheren Hinsehen offenbart sich der besondere Wert dieser unsichtbaren Wasserressource. Wissenschaftler und Küstenmanager sollten sie daher im Blick haben“, so Moosdorf.

Quelle: Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

© natur.de – Martin Vieweg
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Tes|tat  〈n. 11〉 Bescheinigung, Beglaubigung, schriftliche Bestätigung (bes. des Besuchs einer Vorlesung) [<lat. testatus … mehr

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