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Viel Lärm und am Ende nichts

Resümee zur Klimakonferenz in Warschau

Viel Lärm und am Ende nichts
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Warschau Klimakonferenz 2013
Die Erwartungen an den 19. UN-Klimagipfel in Warschau waren von Beginn an niedrig. Doch sie wurden sogar noch unterboten. Viele Staaten spielten auf Zeit, die Nichtregierungsorganisationen verließen aus Protest die Verhandlungen und am Ende rangen sich die Teilnehmer einen Minimalkompromiss ab. Sylvia Ratzlaff vom WWF Deutschland resümiert einen verschenkten Klimagipfel.

Großer Streitpunkt waren vor allem die möglichen Vereinbarungen zur Emissionsminderung, insbesondere die Verbindlichkeit, der Zeitpunkt und die Form der Zusagen zu nationalen Klimazielen. Der lange Grundsatzkonflikt, welche Verantwortung die Industrieländer und welche die Schwellen- und Entwicklungsländer beim Klimaschutz übernehmen müssen, löste sich auch in Warschau nicht. Viel mehr noch: Es kam vereinzelt zu Verhandlungsblockaden. Die ärmeren Nationen erinnerten die Industrieländer an ihre historische Schuld, die hielten dagegen, dass ohne ein starkes Engagement von Seiten Chinas – inzwischen der weltweit größte Umweltverschmutzer – ein Abkommen gar keinen Sinn mache.

Emissionsminderung Fehlanzeige

Die Verantwortung für das schwache Ergebnis tragen besonders Australien, Japan, Indien, China und Polen. Gerade hatte Yeb Saño, Abgesandter aus den Philippinen, noch mit Tränen in den Augen von den zahlreichen Opfern des Taifuns Haiyan berichtet, verkündete kurz darauf die neue australische Regierung, die ambitionierten Klimaziele der Vorgängerregierung, inklusive des geplanten Emissionshandels, kippen zu wollen. Auch Japan als wichtiges Industrieland setzte seine Ziele zur Emissionsminderung massiv herunter. Statt den Klimaschutz zu stärken, unterlaufen viele Parteien den Prozess der UN-Klimaverhandlungen.

Zudem gewann die Lobby der alten Industrien Oberhand in Warschau. Polen akzeptierte verschiedene Unternehmen – von der Fluglinie bis zum Kohlestromkonzern – als Großsponsoren für die Conference of the Parties (COP). Außerdem hielt das Gastgeberland parallel zur Klimakonferenz einen Kohlegipfel ab. Mitte der zweiten Tagungswoche wurde dann der polnische Umweltminister und Leiter der diesjährigen COP aus der Regierung geworfen und zum Klimaschutzbeauftragten degradiert. Jetzt ließ sich nur noch an der Ernsthaftigkeit der Verhandlungen zweifeln.

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Auch Deutschland machte keine allzu gute Figur: Hatte sich Bundesumweltminister Peter Altmaier bei seinem ersten UN-Klimagipfel in Doha 2012 noch die Nächte um die Ohren geschlagen und einen Club der Energiewendestaaten angeregt, reiste er dieses Mal nur für wenige Stunden an. Über die Erhöhung der EU-Klimaschutzziele oder ein Klimaschutzgesetz für Deutschland – beides Maßnahmen, die eine weitreichende Symbolwirkung für den internationalen Klimaschutz geboten hätten – schwieg er sich aus. Immerhin stellte Deutschland 40 Millionen US-Dollar für den Anpassungsfonds zur Verfügung. Mit den Geldern aus diesen Fonds sollen die Entwicklungsländer Projekte finanzieren, um sich vor den immensen Auswirkungen des Klimawandels wappnen zu können.

Finanzierung weiterhin ungeklärt

Die weitere Klimafinanzierung bleibt allerdings problematisch. Insgesamt müssen bis 2020 fast 100 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stehen. Wie die Finanzierung bis dahin schrittweise zu erhöhen sei, konnte erneut nicht geklärt werden.

Genügend Gründe für die anwesenden Nichtregierungsorganisationen (NGO) ein unmissverständliches Zeichen zu setzen: Erstmals in der Geschichte internationaler Klimaverhandlungen verließen der WWF, Greenpeace, Oxfam, BUND und weitere Organisationen aus Protest die Warschauer Klimakonferenz. Und als Zeichen der Solidarität mit allen Opfern des Klimawandels. Der Protest richtete sich nicht gegen die COP per se. Denn obwohl die Klimaverhandlungen der letzten Jahre immer wieder von Rückschlägen gekennzeichnet waren, haben sich die NGOs weiterhin für konstruktive Lösungen eingesetzt. Die letzten Tage in Warschau brachten das Fass allerdings zum Überlaufen. „Der Auszug in Warschau ist ein Nein zu dieser unwürdigen Klimakonferenz, aber kein Nein zu den Klimaverhandlungen. Wir gehen nicht, weil die Verhandlungen nicht wichtig wären. Sondern weil sie so wichtig sind“, sagt Eberhard Brandes, Vorstand des WWF Deutschland.

Warschau hat leider eines gezeigt: Viele Länder sind bislang nicht bereit, sich für diejenigen einzusetzen, die bereits jetzt und auch in Zukunft mit den schlimmsten Auswirkungen der Klimaveränderungen zu kämpfen haben. Der WWF wird in den nächsten Monaten darauf hinarbeiten, dass alle Staaten mit ernsthaften Klimaschutzzielen zur nächsten Konferenz Dezember 2014 in Lima reisen. Denn spätestens in Paris 2015 muss unbedingt ein weltweit verbindliches Klimaabkommen verabschiedet werden.

Sylvia_Ratzlaff_250.jpgSylvia Ratzlaff arbeitet für den WWF Deutschland.

Foto: WWF Deutschland

© natur.de – natur Gastautor
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