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Vom Unkraut zum Alleskönner

Forscher züchten Algen in Unterwasserfarmen

Vom Unkraut zum Alleskönner
seaweed
Seegras an Seilen: Das Cash-Crop der Zukunft?
Seegras gibt es in den Weltmeeren in Hülle und Fülle. Für das Ökosystem ist das ein Problem, doch als biologischer Rohstoff haben die Wasserpflanzen großes Potenzial. In Schweden werden sie jetzt sogar extra angepflanzt: als Energielieferant, Nahrungsmittel, für Medikamente oder Plastik.

Badetouristen hassen sie, Einheimische sammeln und trocknen sie und Wissenschaftler sind mehr und mehr begeistert von den vielseitigen Meeresgewächsen. Die Rede ist von Algen, auch bekannt als Seegras. Die grünen und blauen Schlieren, die in immer größeren Mengen an die Strände gespült werden, sind eigentlich die Folge der starken Überdüngung unserer Gewässer. Zu viele Nährstoffe lassen die Pflanzen im Übermaß wachsen, diese verringern den Sauerstoffgehalt und können auf die Dauer das ganze Ökosystem bedrohen. Doch inzwischen weiß man, dass Algen kein störendes Unkraut sind, sondern, ganz im Gegenteil, überaus nützlich für den Menschen sein können. „Wir drehen bei unserer Forschung das Argument einfach um, und sehen Algen als eine Ressource!“, erklärt Gröndahl, vom KTH Royal Institute of Technology in Schweden. Deshalb beschäftigen er und sein Team sich auch damit, Seegras nicht nur zu sammeln, sondern auch neu anzubauen, um daraus Nahrungsmittel, Energie, Öko-Plastik und Arzneimittel herzustellen.

Nahrhaft und umweltfreundlich

Bisher nutzten die Menschen nur ein Prozent des gesamten Ökosystems Meer, und das hauptsächlich durch übermäßige Fischerei. Alle anderen Ressourcen der Meere sind noch kaum erforscht, obwohl doch ¾ der Erdoberfläche von Wasser bedeckt sind. Die Algenfarm, die Gröndahl vor der Küste Schwedens aufgebaut hat, ist der erste Schritt hin zu einer sinnvollen und ökologischen Nutzung dieser Fläche. „Algen können Stickstoff genauso effektiv aus dem Wasser ziehen, wie eine Kläranlage“, erklärt der Wissenschaftler. Sie können zur Biogasproduktion genutzt werden und sind zudem sehr nährstoffreich: Sie enthalten Vitamine, Aminosäuren und wichtige Mineralien. Braunalgen sind ein hervorragender Zuckerlieferant. Würde man sie in großem Stil unter Wasser anbauen und ernten, könnte das die Flächen entlasten, auf denen heute Zuckerrohrplantagen stehen.

Auch als Fischfutter könnten die Wasserpflanzen eingesetzt werden, und so das Fischmehl ersetzten, das heute zum Beispiel in Lachsfarmen eingesetzt wird. „Es ist sicher keine gute Idee, Fische mit Fischen zu füttern. Algen wären die deutlich umweltfreundlichere Lösung“, so Gröndahl. Seine Algenkultur, die den Rohstoff für all diese Einsatzgebiete liefern soll, ähnelt einer Muschelfarm: Im Wasser sind Behälter und Seile befestigt, an denen die Algen heranwachsen können. Als Nährstoff reicht den Pflanzen das Sonnenlicht, das durch die Wasseroberfläche fällt. Alles andere finden sie im Wasser um sich herum.

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Nicht in meiner Badebucht!

Trotzdem glaubt der Wissenschaftler, dass es noch eine Weile dauert, um breite Akzeptanz für Plantagen wie diese zu wecken. Manche Menschen stören sich an den Fässern, die jetzt in ihren Buchten schwimmen, andere wollen um keinen Preis noch mehr Seegras in ihrem Meer. Auch die langfristigen Folgen für die direkte Umwelt der Farmen muss noch genauer erforscht werden. Die großen Mengen könnten die Strömungen im Wasser beeinflussen. Größere Probleme erwarten Gröndahl und sein Team allerdings nicht. „Was wir tun, hilft der Umwelt eher“, erklärt er. „Zum einen, indem wir die überschüssigen Algen nutzen, die sonst zur Eutrophierung der Gewässer beitragen würden. Und zum anderen, weil die Algen, die wir anbauen, Stickstoff und Phosphat aus dem Meer ziehen.“

Die Forscher des KTH haben große Pläne mit ihrer Unterwasserfarm. In 15 Jahren soll es entlang der ganzen schwedischen Küste große Farmen geben: Das Seegraszüchten soll eine neue Industrie werden, die den lokalen Bewohnern Jobs und Einkommen bringt. „Es wird ein ganzer Energiewald am Meeresgrund entstehen!“, träumt Gröndahl. „Und das Interesse wird rasant steigen, wenn Farmer und Unternehmer erst einmal die Möglichkeiten dieser Pflanzen erkennen.“

Foto: TT News Bureau

Quelle: KTH The Royal Institute of Technology. „Food, fuel and more will be produced in sea farms of future.“

© natur.de – Edith Luschmann
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ther|mo|che|misch  〈[–çe–] Adj.〉 auf Thermochemie beruhend

Mo|le|ku|lar|sieb  〈n. 11〉 Stoff mit dreidimensionaler, netzförmiger Struktur, der als selektives Adsorptionsmittel für Gase od. Flüssigkeiten vielseitig verwendet wird

mez|zo|for|te  〈Mus.; Abk.: mf〉 mittelstark, nicht sehr laut (zu singen, zu spielen) [ital.]

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