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Von Salzburg nach Triest

Fernwanderung über die Alpen

Von Salzburg nach Triest
Fernwanderung Herrmann
Fernwanderung Herrmann
Zu Fuß sind es satte 544 Kilometer. Blogger Christof Herrmann hat sich auf den Weg von Salzburg nach Triest gemacht. Sein Credo für die vierwöchige Fernwanderung: möglichst nachhaltig über die Alpen kommen – und sich ausschließlich vegan ernähren. Ein Bericht von den ersten Tagen

Fernwanderung Herrmann

1. Tag: von Salzburg (Österreich) zur Toni-Lenz-Hütte (Deutschland)
Etappenlänge 18 Kilometer, 1300 Höhenmeter Aufstieg, 270 Höhenmeter Abstieg

Bilderbuchstart

Neun Salzburg-Triest-Wanderer sitzen in der Toni-Lenz-Hütte und blicken auf einen langen Tag und eine erfolgreiche erste Etappe zurück. Heute Morgen um 5.30 Uhr reißt mich das Klingeln des Weckers aus meinem unruhigen Schlaf. Um 6.30 Uhr sitze ich im Zug. Kurz nach 11 Uhr bin ich bereits in Salzburg. Im Mirabellgarten treffe ich Nanni und Johann, Andrea und Olli sowie Marcus. Mit Nanni und Johann war ich vor zwei Jahren auf dem Traumpfad München-Venedig unterwegs. Ich freue mich, die beiden wiederzusehen. Sie wollen die ersten elf Etappen bis Stall gehen. Ihre Freunde Andrea und Olli haben eine knappe Woche Zeit. Marcus hat vier Wochen Urlaub und würde gerne das Mittelmeer sehen. Früher am Tag sind bereits Annette und Alexander sowie Sebastian aufgebrochen. Wir haben die drei gerade auf der Hütte am roten Bändchen erkannt und kennengelernt. Wie lange ich mit wem laufe, wird sich zeigen.

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Nachdem wir Salzburg hinter uns gelassen haben, steuern wir direkt auf das Untersbergmassiv zu, dem nördlichsten Ausläufer der Berchtesgadener Alpen. Der Aufstieg zum Tagesziel ist anstrengend. Stundenlang geht es steil und teils auf Stufen empor. Doch die Luft, die Natur, die unberührte Bergwelt und die gesellige Wanderrunde versetzen mich in Euphorie. Ich kenne dieses Gefühl von vorherigen Touren. Es ist wohl der Grund, warum es Menschen immer wieder in die Alpen zieht.

Um 19 Uhr erreichen wir die urige Toni-Lenz-Hütte. Hier wäscht man sich am Brunnen. Zu Abend gibt es Kartoffelsuppe und alkoholfreies Weizen. Mittags trage ich selbstgemachte Energieriegel und Hummus, Brot und Erdnussbutter zum Picknick bei. Den ersten Tag als Veganer in den Alpen bin ich gut durchgekommen.

 

Fernwanderung Herrmann Tag 2

2. Tag: von der Toni-Lenz-Hütte nach Berchtesgaden (Deutschland)
Etappenlänge 17 Kilometer, 710 Höhenmeter Aufstieg, 1650 Höhenmeter Abstieg

Fünf Minuten Sonne und 25 Euro für ein Brot

Welch genialer Plan: Im Morgengrauen aufstehen und bei Sonnenaufgang starten. Dumm nur, dass der Sonnenaufgang ganze fünf Minuten währt. Danach ziehen dunkle Wolken auf, und es beginnt zu regnen.

Die beste Laune lassen wir uns dadurch nicht verderben. Nur Olli vergeht das Lachen. Seine Knie schmerzen so arg, dass die lange Etappe nicht machbar ist. Olli und Andrea fahren mit Bergbahn und Bus zum Etappenziel.

Über den spektakulär in den Fels geschlagenen Thomas-Eder-Steig geht es hinauf zur Mittagscharte und von dort weiter zum Stöhrhaus. Nach und nach trudeln unsere drei Gruppen ein. Bei diesem Sauwetter sind wir die einzigen Gäste. Wie vor einem Jahr wärmen wir uns am Ofen auf. Ich brauche noch etwas Wärme von Innen und bestelle heißen Tee mit Zitrone und Gemüsesuppe. Die Scheibe Brot kostet 80 Cent. Der Hüttenwirt scheint ein findiger Geschäftsmann zu sein, bringt er doch so den Laib Brot für rund 25 Euro an die Wandersleute. Zu seiner Verteidigung: alles, was auf der Hütte benötigt wird, schafft er mühsam mit dem Kleinbus, Squad und Materialseilbahn an.

Nach der Einkehr nehmen wir gemeinsam den langen Abstieg nach Berchtesgaden in Angriff, das fast 1300 Höhenmeter tiefer liegt. Wir haben Glück. Die Wolken brechen mehrmals kurz auf und wir blicken auf den Watzmann und die Berchtesgadener Alpen. Bei Sonne ist diese Etappe grandios.

Am Rand von Berchtesgaden bricht unsere Gruppe auseinander, da wir unterschiedliche Unterkünfte anstreben. Ich marschiere durch Wald zur Pension Etzerschlössl. So schön die beiden Tage in der großen Gruppe auch waren, freue ich mich darauf, dass ich den restlichen Tag für mich alleine habe.

 

Fernwanderung Herrmann Tag 3

3. Tag: von Berchtesgaden zur Gotzenalm (Deutschland), Etappenlänge 18,5 Kilometer, 1400 Höhenmeter Aufstieg, 325 Höhenmeter Abstieg

Es werden weniger

Heute Morgen komme ich später los als geplant. Das vegane Frühstück ist zu lecker, als es nur herunter zu schlingen. Ich muss meinen Rucksack besser packen. Gestern ist Regenwasser eingedrungen und meine Wanderkarten sind aufgeweicht. Und ich verarzte mein erstes Wehwehchen: Meine Fußfesseln reagieren auf die Socken stark allergisch und sind geschwollen. Vor einem Jahr hatte ich dasselbe Problem. Vermutlich wird in jedem Gummibündchen ein halber Chemiebaukasten verarbeitet.

Im Regen geht es durch Berchtesgaden und an der Königseer Ache entlang zum Treffpunkt am Königssee. Unterwegs sprechen mich eine paar gutgelaunte Ostfriesen um die 60 an und weisen mich darauf hin, dass das gute Wetter in entgegengesetzte Richtung ist. Ihr Atem riecht nach Schnaps. Es ist kurz nach neun Uhr.

Um zehn bin ich am Treffpunkt. Von ursprünglich neun Startern sind drei übrig geblieben. Nanni, Johann, Andrea und Olli haben keine Lust auf Knieschmerzen und schlechtes Wetter und fahren nach Italien. Nanni und Johann wollen sich mir ab Sonntag noch mal eine Woche anschließen. Annette und Alexander nehmen die Fähre nach St. Bartholomä, steigen über die Saugasse zum Kärlingerhaus auf und sind uns somit eine Etappe voraus.

Der Rest von uns steigt im Regen zur Königsbachalm auf und dann weiter zur Gotzenalm. Als einziger hole ich bei 1500 Metern die Handschuhe heraus. Zumindest habe ich sie nun nicht umsonst über die Alpen getragen. Kurz vor dem Etappenziel brechen die Wolken nach und nach auf. Wir haben einen grandiosen 360-Grad-Blick auf die Berge der Berchtesgadener Alpen. Vom Aussichtspunkt Feuerpalfen schauen wir fast senkrecht über 1100 Meter hinab auf den Königssee und St. Bartholomä. Ein weiterer unvergesslicher Moment auf der Alpenüberquerung Salzburg-Triest. Auf der Gotzenalm ist ungewöhnlich wenig los. Wegen des durchwachsenen Wetters haben viele Wanderer ihre Reservierung storniert. Und so kommen wir drei in einem Viererzimmer unter.

 

Fernwanderung Herrmann Tag 4

4. Tag: von der Gotzenalm zum Kärlingerhaus (Deutschland), Etappenlänge 21 Kilometer, 1150 Höhenmeter Aufstieg, 1197 Höhenmeter Abstieg

Was für ein Schlammassel

Der Tag beginnt mit einer Enttäuschung. Am Frühstücksbuffet für acht Euro sind nur Brot und Marmelade vegan. Zum Glück habe ich Erdnussbutter und Räuchertofu im Rucksack. Vor acht Uhr kommen Marcus, Sebastian und ich los.

Es dauert nicht lange bis es wieder regnet. Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir auf den glitschigen Steinen und Wurzeln nicht ausrutschen. Das könnte fatale Folgen haben, ist der Weg doch manchmal nur 30 Zentimeter breit und geht es rechts über 1000 Meter hinab.

Mittags kehren wir in der urigen Wasseralm ein. Es hört auf zu regnen und wir sitzen draußen unter dem Vordach. Der Gemüseeintopf schmeckt vorzüglich. Als wir weiterwandern, kommt die Sonne heraus, die wir zelebrieren wie die Weltmeisterschaft. Wir gelangen in die faszinierende Karstlandschaft des Steinernen Meeres. Immer wieder genießen wir den Ausblick auf den Königssee und Obersee, die über 1000 Meter unter uns schimmern, auf die gewaltige Ostwand des Watzmanns, auf das Hagengebirge und auf das Untersbergmassiv, das wir auf den ersten beiden Etappen überquert haben.

Doch leider haben wir uns zu früh gefreut. Immer mehr Wolken ziehen auf, es beginnt zu nieseln, bald darauf regnet es in Strömen. Da macht selbst Goretex schlapp. Der Wanderweg verwandelt sich in einen schlammigen Bach. Welch Schlammassel! Wir steigen vorsichtig durch schönen Bergwald, wähnen uns aber eher auf einer Expedition im Dschungel. Mehrmals kommt mir der Film „Fitzcarraldo“ mit Klaus Kinski in den Sinn…

Kurz vor dem Ziel rutsche ich aus und schürfe mir ein wenig die rechte Hand. Mein drittes Wehwehchen nach der Allergie an den Fußfesseln und einer Blase an der Ferse. Gegen 17 Uhr erreichen wir das Kärlingerhaus in der Funtenseemulde. Meteorologen haben diese als den Kältepol Deutschlands ausgemacht. Unsere reine Gehzeit betrug über acht Stunden. Zum ersten Mal auf dieser Alpenüberquerung bin ich an meine Grenzen gegangen. Mal sehen wie ich mich morgen fühle. Ob ich meine Begleiter wohl noch länger folgen kann? Marcus ist 32, Sebastian 22 und könnte mein Sohn sein. Den für die Gegend berühmten Enzian-Schnaps trinken sie trotzdem nicht. Dann versuche ich eben ein Gläschen allein.

 

Fernwanderung Herrmann Tag 5

5. Tag: vom Kärlingerhaus nach Maria Alm (Österreich), Etappenlänge 17 Kilometer, 620 Höhenmeter Aufstieg, 1456 Höhenmeter Abstieg

Abseilen in die Alpenüberquerer-Gemeinde

Ich schlafe wie ein Murmeltier, obwohl wir zu acht im Lager liegen. Das liegt wohl weniger am Enzian-Schnaps, sondern an den Strapazen der letzten Etappe. Ich fühle mich nach dem Aufstehen gut erholt. Seit ich auf vegane Ernährung umgestellt habe, regeneriert mein Körper schneller und besser. Auch nach langen Etappen habe ich kaum mehr Muskel- oder Gelenkschmerzen. So gerne und oft ich früher Käse gegessen habe, komme ich ohne besser zurecht. Diese Erfahrung deckt sich übrigens mit der vieler Langstreckenläufern und Triathleten, die auf pflanzliche Kost umgestiegen sind.

Punkt acht Uhr starten Marcus, Sebastian und ich. Es ist kalt und nieselt. Die Sicht reicht keine 100 Meter. Vom Steinernen Meer ist außer ein paar Steinen nichts zu sehen. Bei rund 2200 Metern passieren wir den höchsten Punkt der bisherigen Alpenüberquerung. Wenig später kehren wir im Riemannhaus ein.

Der erste Abschnitt des Abstiegs nach Maria Alm ist steil und rutschig, aber zum Glück mit Stahlseilen versichert. Nach fast 1.400 m Abstieg spüren wir drei unsere sechs Knie. Wir sind nun wieder in Österreich und haben mit den Berchtesgadener Alpen die erste Gebirgsgruppe auf dem Weg ans Mittelmeer überquert.

Gleich in der ersten Pension am Ortsrand von Maria Alm bekommen Marcus und ich je ein Einzelzimmer mit Frühstück. Verglichen mit den einfachen Berghütten der beiden letzten Nächte kommt mir der Komfort hier dekadent vor. Sebastian nächtigt im Auhof auf der anderen Seite der Gemeinde. Seine Freundin und Eltern stoßen am Abend dazu, um ihn morgen eine Etappe zu begleiten. Der Zufall will es so, dass im Zimmer gegenüber dem von Sebastian Annette und Alexander untergekommen sind. Die beiden habe ich seit Berchtesgaden nicht gesehen. Last but not least startet morgen eine Vierergruppe um Bettina, um in drei Wochen bis ans Mittelmeer zu gehen. Maria Alm ist heute fest in der Hand der Salzburg-Triest-Wanderer.

 

Christof_Herrmann_150.jpgChristof Herrmann

Auf seiner Seite Einfach bewusst bloggt er über Minimalismus sowie Nachhaltigkeit im Alltag und auf Reisen. Er hat einen kostenlosen E-Book-Wanderführer „Forchheim – München – Venedig: Zu Fuß nach Südbayern & über die Alpen ans Mittelmeer“ geschrieben. Über seine diesjährige Salzburg-Triest-Wanderung berichtet er auf Facebook.

Fotos: Christof Herrmann

© natur.de – natur Gastautor
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